Freitag, 31. Dezember 2010

Pseudonymität und das Wesen des Netzes II: Datenschutz

Je länger ich über die Frage nach dem Ursprung der Nicknameverwendung im Internet nachgedacht habe, desto deutlicher wurde mir, wieviele verschiedene Aspekte zu dieser Frage gehören, daß es letztlich tatsächlich um die Frage geht, was das Internet eigentlich ist, und daß diejenigen, die hier klare Identität fordern, Pseudonymität als Anonymität verunglimpfen, Blogger für gefährlich halten und durch Enttarnung ruhig zu stellen versuchen, schlicht und ergreifend das Internet nicht verstanden haben. Das soll kein Vorwurf sein, denn wer damit nicht groß geworden ist, hat es mit Sicherheit schwerer, das Neue am Internet als neu zu begreifen. Vielmehr wird er versuchen, das neue Medium in sein bestehendes Wissen der existierenden Medien einzugliedern, so daß er nur das am Internet erkennen kann, was er von bestehenden Medien bereits kennt.

Aber ich will nicht vorgreifen, der Gedankengang setzt nochmal zwei Ebenen und zwei Jahrzehnte früher an, und zwar bei Theorien und Entwicklungen, die tatsächlich problematisch sind. In der Frühzeit des WWW (die nicht identisch ist mit der des Internets, sondern nur mit dem Beginn dessen massenhafter Verbreitung) gab es Vorstellungen, die aus theologischer Perspektive nur als Erlösungslehren verstanden werden können, nämlich als Erlösung vom eigenen Ich, von der eigenen Identität mit all ihren Diskrepanzen, biographischen Brüchen etc. Der Avatar im Internet hatte keine Geschichte und konnte sich daher seine Identität komplett selbst schaffen, der Nutzer sich virtuell neu schaffen. Anstatt sich der eigenen Schwäche zu stellen, war die Hoffnung, durch noch mehr "Selbermachen" sich von dieser Schwäche zu befreien. Diese Theorien sind aus theologischer Perspektive mit Sicherheit nicht unproblematisch, um es mal vorsichtig auszudrücken. Eine Wiederentdeckung der Buße und die Anerkenntnis der eigenen Schwäche wäre zwar die unangenehmere, aber erfolgversprechendere Variante gewesen.

Nun habe ich mich damals für Metatheorien des Internets noch nicht interessiert, ich habe es einfach genutzt. Insofern ist mein Urteil aus der Rückschau auf das Scheitern dieser Hoffnungen natürlich wohlfeil, dennoch kann ich mich angesichts des ganzen Cyberpunkgenres und der starken Prägung der Hacker-, Nerds- und Geeksszene durch dieses Genre (massenkompatibel in der Matrixtrilogie verarbeitet) nicht des Eindrucks erwehren, daß schon damals diese Hoffnungen nicht von der Masse der Internetnutzer (damals eben noch die Hacker, Geeks und Nerds, der Rest war dünn gesäht) geteilt wurde. Denn Cyberpunk ist (post-)apokalyptisch und fortschrittsskeptisch. Sicherlich besteht auch ein starkes Interesse an den technischen Möglichkeiten, jedoch immer vor dem Hintergrund, daß mißbraucht werden wird, was mißbraucht werden kann. Jedenfalls kann ich mir nicht vorstellen, daß die gescheiterten Figuren, die als Helden die Cyberpunkromane bevölkern, die Hoffnung auf ein besseres Leben durch das Internet und die Trennung des Menschen von seiner körperlichen "Wetware" stützen können. Im Gegenteil.

Und damit sind wir bei der anderen, mitunter paranoiden, aber nichtsdestoweniger realitätsrelevanten und meines Erachtens gewichtigeren Quelle für die Nutzung von Nickname-Pseudonymen im Internet, nämlich dem Schutz der Privatsphäre vor dem Datenmißbrauch durch weniger freundlich gesinnte Zeitgenossen. Daß diese Befürchtungen nicht völlig aus der Luft gegriffen sind, zeigen die unzähligen Phishing-Seiten, Keylogger und Trojaner. Heute kennt man sich damit ja leidlich aus, aber immer noch gibt es immer wieder neue Tricks zum (teilweisen) Identitätsdiebstahls. Daß hier die Gefahr vor allem von wirtschaftlichen und weniger staatlichen ausgeht, ist auf dem Hintergrund des Cyberpunks im Gegensatz zur klassischen (und durchaus immer noch gegebenen) Gefahr durch den Überwachungsstaat durchaus ein spannendes Detail, denn ein wesentliches Element des Cyberpunks ist die Macht der großen Wirtschaftsunternehmen, die letztlich die Weltgeschichte lenken.

In diesem Kontext sollte vielleicht auch bedacht werden, daß im Augenblick im Internet ein Kampf zwischen Facebook und Google tobt, wer die besser verwertbaren Daten seiner Nutzer generieren kann. Wer diesen Kampf gewinnt, ist noch offen, nichtsdestoweniger geht die größte Gefahr für die eigenen privaten Daten und damit die Privatsphäre nicht vom Staat, sondern von den größten Playern in der Internetwirtschaft aus. Ohne bestreiten zu wollen, daß es wie im Fall der "site which should not be named" auch das gegenteilige Interesse gibt, steht vermutlich in den meisten Fällen nicht die Absicht, sich vor dem eigenen Arbeitgeber, schon gar nicht der Kirche, zu schützen im Vordergrund, sondern der Schutz vor den Datenkraken des Internets.

Wenn ich als Nutzer von Blogger, Google Reader, Google-Suchmaschine, Google Maps, Google Places und Google Analytics bedenke, was Google bereits an Daten von mir hat, dann müssen die beim besten Willen nicht auch noch meinen Klarnamen wissen, der in Null-Komma-Nichts zu Adreßdaten führt, womit Google im Grunde nicht nur ein komplettes Internetnutzungsprofil von mir erstellt hätte, sondern zugleich noch mit meinen personenbezogenen Daten verknüpft hätte. Wunderbare Vorstellung. Absurd? Keineswegs: Habt ihr euch schonmal gefragt, warum Facebook in seinen AGB auf echten Namen besteht und sich vorbehält, Sockenpuppen ohne Ankündigung zu löschen...???

Wer sein Internetleben tagtäglich mit dem Login bei Facebook beginnt, hat genau dieses personenbezogene Profil an Facebook verkauft, und das ist der große Vorteil von Facebook im Kampf gegen Google (ganz davon abgesehen, daß Facebook mit dem Like-Button den genialen Schachzug getan hat, ganz offen fremde Seitenbetreiber zu ihren Erfüllungsgehilfen zu machen -- ohne daß Facebook das ganze einen Cent kosten würde!). Also halten wir fest: Privatsphäre ist zumindest meiner Meinung nach der wichtigste Grund für die Nutzung von Pseudonymen und Nicknames als Vorsichtsmaßname im Internet: Wichtiger als jeder Schut gespeicherter Daten ist die Verhinderung, daß Daten überhaupt erst gespeichert werden.

(to be continued)

Donnerstag, 30. Dezember 2010

Pseudonymität und das Wesen des Netzes I: Tod des Autors

Als Anfang Dezember Stanislaus "enttarnt" wurde, fragte ich mich, warum der Herr "Meier" eigentlich so "geil" darauf war, den richtigen Namen eines Bloggers herauszufinden. Gleichzeitig hatte ich privat mehrer Diskussionen zu diesem Thema, in der verschiedene Personen mir rieten, ich solle doch auch unter Realnamen posten, sonst enttarne mich Herr "Meier" auch noch (so fucking what?!), oder zumindest die Ansicht vetraten, "anonyme" Meinungsäußerung sei doch zumindest schlechter Stil.

Ehrlichgesagt habe ich die ganze Aufregung nicht verstanden, und zwar von vorne bis hinten nicht. Denn abgesehen davon, daß ich quasi von einem Vorgesetzen zwar nicht ausrücklich, aber doch implizit zum "getarnten" Posten animiert wurde, hätte ich selbst ohne diese Aufforderung nicht unter meinem richtigen Namen gebloggt. Meine erste "Rechtfertigung" war daher: "Das ist im Internet halt so, da verwendet man nunmal Nicknames, und Pseudonymität ist etwas anders als Anonymität." Denn ein Pseudonym verschleiert zwar die Identität ein wenig, aber trennt die mit ihm verbundenen Daten keineswegs von der Person (und was ist eigentlich ein Ordensname, wenn nicht ein Pseudonym -- bloggt Alipius also unter seinem Realnamen oder unter einem Pseudonym?), wie es die Anonymisierung tut. Pseudonymisierte Daten sind im Gegensatz zu anonymisierten Daten immer noch personenbezogene Daten, auch wenn der Aufwand, sie einer Person zuzuordnen, erschwert ist. Anonymisierte Daten hingegen sind von der Idee her nicht mehr einer Person zuzuordnen, auch wenn es bei sehr speziellen Daten doch möglich ist -- siehe Bradley Manning.

Mir war allerdings schon klar, daß das ein recht schwaches, wenn auch sehr pastorales ("das war schon immer so, das haben wir noch nie anders gemacht") Argument ist. Bestätigt wurde meine Intuition allerdings dadurch, daß eine Mitbloggerin auch nach mehrfacher Aufforderung sich weigerte, meine RL-Identität herauszufinden; die interessiere sie einfach nicht, solange ich nicht xxxx xxxx (jemand, den sie kennt) sei. Genau das konnte ich dann den Vertretern der Realname-Bloggerei vorhalten -- mit dem Ergebnis, daß praktisch alle zugeben mußten, sie hätten sich einfach nicht dafür interessiert, wer da bloggt, sonst hätten sie mich wahrscheinlich schon viel früher erkannt (denn allzu schwer dürfte das nicht sein). Und genau das ist es doch: Woher weiß ich eigentlich bei einem scheinbar richtigen Namen wie Peter Müller, daß es sich wirklich um einen Peter Müller handelt, und woher weiß ich, daß das verwendete Foto tatsächlich um den Autor des Blogs handelt? Klar, Vincentius Lerinensis ist heute kein wirklicher häufiger Name und die Kombination mit dem Blogtitel "Commonitoria" (Commonitorium war leider schon weg) zeigt doch ziemlich deutlich, daß es sich nicht um meinen richtigen Namen handeln kann (sondern um ein bestimmtes Konzept hinter dem Blog; daß ich das nach gut sechs Wochen nicht mehr einhalten konnte, steht auf einem anderen Blatt). Bei "gregoriusbraun" ist es aber schon weniger leicht zu entscheiden, ob das ein Realname ist.

Mein erster Gedanke war daher: Mit meinem Realnamen hätte ich also möglicherweise sogar meine Leserschaft vergrößern können. Aber genau darum geht es mir nicht. Nicht wer etwas schreibt ist relevant, sondern was geschrieben wird, also die Sache. Da muß man nicht einmal zum Konzept "Tod des Autors" greifen, sinngemäß steht das schon bei Thomas von Aquin.

Doch das ist nur meine persönliche Einstellung. Teilen das alle anderen? Woher kommt die Verwendung von Nicknames im Internet? Wo liegt der Unterschied zu Leserbriefen in Zeitungen? Warum beschweren sich sogar Journalisten über die Anmeldeprozedur bei der Zeitung des Herrn "Meier"? Worin liegt also der wesentliche Unterschied zwischen dem Internet und den (anderen?) Massenmedien hinsichtlich der Identität/Pseudonymität/Anonymität begründet?

(to be continued)

Donnerstag, 23. Dezember 2010

Weihnachen wäre heute strafbar

Michael Hesemann wies kürzlich darauf hin, daß es keinen Zeitpunkt gab, "der günstiger gewesen wäre für das zentrale Ereignis der Geschichte, die Menschwerdung Gottes" als die Zeitenwende. Wie recht er damit trotz der heute viel einfacheren und schnelleren Kommunikation via Facebook, Twitter und YouTube hat, hat nun der Focus (via Strafrecht online Blog) herausgearbeitet (womit auch gleich noch gezeigt wird, daß unser Glaube eben doch nicht nur von Kommunikation und Dialog lebt, sondern vom Ereignis):
Gott sei Dank, daß Er schon vor 2000 Jahren geboren wurde -- und nicht in Deutschland.  o<:-)=<>

Dienstag, 14. Dezember 2010

Jenseits der Gräben

Akatair hat mir die Mühe abgenommen zu erklären, warum ich mich nicht als konservativ verstehe, zumindest nicht "first and foremost". Mit "katholisch, romtreu, anarchisch" hingegen könnte ich mich genauso wie mit "Konvertiten und Bekloppte" selbstironischerweise anfreunden :-)

Montag, 13. Dezember 2010

Kompetenzkreise

Allzu viele Journalisten fallen meiner Ansicht nach leider in die Chauffeur-Kategorie. In kürzester Zeit zaubern sie Artikel zu jedem beliebigen Thema aus dem Hut oder, besser, aus dem Internet. Ihre Texte sind einseitig, kurz und -- oft als Kompensation für ihr Chaffeur-Wissen -- ironisch.
Rolf Dobelli in der heutigen FAZ, S. 30

Sonntag, 12. Dezember 2010

Transzendenzeröffnende Heuristik

Mein Zugang zum Metal war damals[tm] durch diverse Vorurteile blockiert. Alles Satanisten, musikalisch Minderbemittelte und überhaupt saufende und kiffende Chaoten. Das schöne an Vorurteilen ist ja, daß sie Faktenkenntnis ersetzen. Und so kannte ich keinen einzigen echten Metalsong. Erst eine Schulveranstaltung hat mir die Augen geöffnet, indem Metallicas "Enter Sandman" mir zeigte, daß das die Musik ist, die ich eigentlich schon immer gesucht hatte. Allerdings, das muß ich aus heutiger Perspektive sagen, ist Metallica nicht unbedingt Metal, jedenfalls nichts, was nach dem Schwarzen Album kam. Alles vor "...And Justice for All" hingegen war mir zu hart, um in "Kill 'em All" reinzukommen habe ich Jahre gebraucht.

Nundenn, diese Erkenntnis brach sich erst Bahn, als ich irgendwann dachte, ich brauche noch ein bißchen mehr Musik in diese Richtung, Metallica allein tut's nicht mehr. Da erinnerte ich mich an T-Shirts eine Mitschülers, auf denen Fantasymotive abgedruckt waren, und als alter Fantasyfan dachte ich mir, kann doch eine Band, die für Fantasy offen ist, kann doch keine schlechte Musik machen. Wie war doch gleich der Name...? Ja, dank des Internets konnte ich ihn rekonstruieren: Blind Guardian. Amazon steuerte noch einen Dreißigsekundenschnipsel bei, und es war um mich geschehen. Nach 15 Sekunden wußte ich, es gibt einen neuen Blind Guardian-Fan. Das Lied war dieses (hier in einer Live-Version von 1991 und damit ein gutes halbes Jahrzehnt, bevor ich die Band entdeckte):

Obwohl mir durchaus klar war, worum es sich beim Intro handelte, kam ich nie auf die Idee, mir den Songtext genauer anzugucken, denn das Booklet enthielt keine Texte. Wiederum ein paar Jahre später befragte ich dann das Google-Orakel -- und wieder einmal war ich baff, als ich feststellte was oder vielmehr wer hier mit "Sanctuary" gemeint ist (ich hätte eher mit einer heidnisch-fantastischen Referenz gerechnet).

In der heutigen Predigt ging es darum, sich immer wieder neue Perspektiven auf Christus und das Heilsgeschehen erschließen zu lassen. Gedacht war dabei natürlich vor allem an die Messe. Aber wenn ich -- nicht zuletzt angesichts des heutigen Evangeliums -- daran denke, was mir grundlegend und überraschend (thaumazein -- für die Eingeweihten :-) neue Perspektiven auf den Glauben erschloß, dann spielte dieses Lied eine sehr grundlegende Rolle:

Donnerstag, 9. Dezember 2010

*Schmacht*

In den letzten Wochen hatte ich ja schon die eine oder andere merkwürdige musikalische Anwandlung. Nun hat mich ein True Metal-Schmachtbolzen sonder gleichen eingeholt:

"Nothing on earth stays forever
But none of your deeds were in vain
Deep in our hearts you will live again
You're gone to the home of the brave"
Nicholas Sparks für Männer. Aber ehrlich, ich steh' dazu, mir gefällts. *schnüff*

Vom Tage

"Seit den Tagen Johannes' des Täufers bis heute wird dem Himmelreich Gewalt angetan; die Gewalttätigen reißen es an sich."
Mt 11,12

R.I.P -- Raupe im Paradies

So lautet das Thema der RKW 2011: "eine RKW zu zentralen Aussagen unseres Glaubens über Tod und Auferstehung". Im ersten Moment war ich ja etwas irritiert (Raupe im Paradies?!), aber dahinter steht ein total schönes Bild, nämlich das der Raupe, die sich in einen toten Kokon einspinnt und als "wunderschöner Schmetterling" (da werden Erinnerungen wach :-) wieder herauskommt. Das Vorbereitungsteam hofft, daß da nicht nur den Kindern was beigebracht wird, sondern daß auch die Erwachsenen, vor allem die Eltern davon profitieren. Es wird ein eigener thematischer Elternabend empfohlen. Ne, wat find' ick dat coool! (Ein paar mehr Informationen habe ich im Netz nur im Hamburger Amtsblatt gefunden, Seiten 15/16 im PDF.)

(Und bevor sich da gleich noch einer aufregt, da sei ja gar nicht von Gericht, Fegefeuer usw. die Rede: Seid lieber froh, daß es überhaupt eine ernstzunehmende Kinderkatechese über die Letzten Dinge gibt. Zu meiner Zeit gab's das überhaupt nicht. Kommt ja nicht von ungefähr, daß sich das Vorbereitungsteam um das Verhältnis der Erwachsenen zu diesem Thema sorgt.)

Mittwoch, 8. Dezember 2010

Haverkamp...

...hat sich in die Blogoezese verliebt, wie mir scheint (via katholon).

Ich finde allerdings nicht nur, daß das langsam langweilig würde. Als jemand, der stark wissenschaftlich geprägt ist, reagiere ich ehrlichgesagt ziemlich allergisch auf sinnentstellende Zitate. Jedenfalls erkenne ich Stanislaus' Kommentar in Haverkamps Artikel nicht wieder. Denn Haverkamp erweckt den Eindruck, Stanislaus habe "überwiegend" die Kritik Kisslers zitiert, was aber schon insofern nicht stimmt, als die beiden Zitate in dem Artikel, das positive und das ansatzweise negative, in etwa gleich lang sind, tatsächlich ist sogar das positive, dem Stanislaus ja auch zustimmt, das längere.

Ganz übel finde ich jedoch, daß Haverkamp beim Zitieren des Zitats den letzten Satz wegläßt: "Wir wissen es nicht, wir ahnen aber: Die Zukunft wird es weisen", und nicht mit einem Satz darauf hinweist, daß Stanislaus dieses Zitat mit "ohne ihm (gemeint ist Bischof Bode) dabei etwas unterstellen zu wollen" einführt. Im Grunde handelt es sich doch bei dieser Kritik nur um die berechtigte Feststellung: Dieses Mea Culpa hat nur dann einen Sinn und kann positive Wirkung entfalten, wenn es mehr ist als ein Mediencoup.

Bevor ich als nächstes in der NOZ als verlinkt werde (hm, verlinkt wurde Stanislaus überhaupt nicht -- was soll das denn?!): Nein, ich glaube nicht, daß das ein Mediencoup, eine Aktion, die nur der Imagepflege dient, sein sollte. Wer es noch nicht gemerkt hat in den letzten Jahren: Die Fähigkeiten unserer Kirche zu medienwirksamer Imagepflege sind nicht unbedingt das Pfund, mit dem ich wuchern würde. Und das ist, zumindest in dieser Frage, auch gut so. Schuld eignet sich nicht zur Imagepflege. Sie kann und muß aber sehr wohl liturgisch vor Gott zum Ausdruck gebracht werden. Und das ist der grundlegende Punkt, in dem Bischof Bode und der Rest der Blogoezese wohl voll und ganz auf einer Linie liegen dürften.

Schade nur, daß wir uns jetzt mal wieder nur gegenseitig fertig machen.

Montag, 6. Dezember 2010

Die Wahrheit wird euch frei machen

Unter diesem Titel sollte eigentlich ein Beitrag zu Wikileaks erscheinen, aus gegebenem Anlaß kann ich zu diesem Thema nur verlinken.

Nun also zu einem Thema, zu dem sich m.E. schon andere in die Nesseln gesetzt haben. Es ist auch nicht so ganz einfach, in der emotionalen Erschütterung differenzierte Äußerungen zu Byte zu bringen. Drum beschränke ich mich im Folgenden auf "Ich-Botschaften".

Ich habe es geahnt, als der erste Link in Elsas Kommentarbereich auftauchte. So viele junge Pfarrer im nördlichen Emsland konnte es ja nicht geben. Ich ahnte, daß nicht das Bloggen der Grund für die Blogschließung gewesen sein konnte. Nach wie vor ist sein Zweitblog zugänglich, dessen Thema angesichts der Vorwürfe tasächlich irritierend ist. Ich hoffte trotzdem.

Aber was hätte das geändert? Nur, daß ich ihn nicht (virtuell) gekannt hätte. Warum wäre das relevant gewesen? Ich hätte mich besser distanzieren können, wäre weniger emotional betroffen gewesen. Aber wäre das besser? Augen zu und durch? Der Wahrheit ins Auge zu blicken, auch wenn sie schmerzt; dorthin zu gehen, wo das Dickicht der Sünde, ja der Tod der Seele wartet; dem Bösen nicht ausweichen, sondern ihm standhalten. Notwendig ist das, wie ich immer wieder erfahren habe. Nur wenn ich weiß, wovon ich erlöst bin, wovor ich bewahrt wurde, kann ich das auch schätzen (und wenn ich "ich" schreibe, dann meine ich auch "ich": mich, als ein als Baby Getaufter, der manchmal mit Staunen hört, wie Neophyten oder Revertiten vor ihrer Umkehr das Leben erfahren haben [dieser Song spukt mir schon das ganze Wochenende im Kopf herum]). Und ich weiß: Auch wenn ich nicht in Gefahr stehe (zu stehen glaube), Besuch von der Polizei zu bekommen, stehe ich nur unwesentlich besser vor Gott dar als "Katholik".

Im Grunde mußte ich damit rechnen. Wenn nicht "Katholik", dann jemand anders. Wenn nicht Kinderpornographie, dann $BELIEBIGE_TODSÜNDE. Natürlich kommt hier noch dazu, daß er Priester ist, eine besondere Vertrauensperson, ein Geistlicher, mit besonderer Gnade beschenkt. Aber eben auch mit besonderen Versuchungen belastet. Und ein besonders lohnendes Ziel für alle Versucher dieser Welt. Ich glaube, ihm und mir konnte nichts besseres passieren, als daß das ganze öffentlich wird (vorausgesetzt, er hat sich tatsächlich etwas zu schulden kommen lassen, aber nach allem, was man lesen kann, ist diese Frage wohl nur noch juristisch offen). Die Öffentlichkeit bietet Schutz vor der Sünde (wenn die Öffentlichkeit ihn jetzt nicht in die Enge treibt), die Möglichkeit zur Umkehr, zur Reue, zur Besserung -- zur Buße. Nichts ist an der Sünde schlimmer als ihre Heimlichkeit. Ist sie erst einmal ausgesprochen, hat sie ihre Macht bereits zu großen Teilen verloren. Die Wahrheit will ans Licht, und die Wahrheit macht frei.

Ich breche das jetzt ab. Mir schwirrt noch viel zu viel im Kopf herum, ungeordnet. Ich bin in Trauer, aber nicht schockiert. Ich bin enttäuscht, aber weiß nicht wovon. Ich bin wütend, aber weiß nicht auf wen. Es wäre so einfach -- zu einfach. Das Wort der Heuchelei ist bereits gefallen -- es ist ein starkes Wort, das mitunter auch auf den zurückfällt, der es verwendet (mich eingeschlossen)... Doch in gewisser Weise ist damit getroffen, was ich empfinde -- sowohl musikalisch als auch inhaltlich.

Ich werde die Verlinkung nicht rausnehmen. Damnatio memoriae? Dann könnte ich auch aufhören zu beten.

Sonntag, 5. Dezember 2010

Noch'n Kommentar

Da habe ich letztens erst über die Obrigkeitsfixiertheit der Deutschen philosophiert, und jetzt macht sich die halbe Blogosphäre (Blogoezese eingeschlossen) ins Hemd, wie "die Politik" ohne Ahnung vom Internet (und von Kindeserziehung?) einen JMStV beschlossen hat, der sich furchtpahr gefährlich anhört, aber ganz eindeutig völlig wirkungslos bleiben wird.

Damit ihr Euch alle mal ein bißchen entspannt, erstmal hier lesen.

Und Euch dann bitte fragen, in welcher Weise Ihr überhaupt von den Regeln betroffen sein könntet. Richtet ihr Euch hauptsächlich an Kinder? Habt Ihr überwiegend 16+-Content in Euren Blogs? (Wenn ja, habt Ihr schon lange viel größere Probleme als den neune JMStV...)

Wenn Ihr Euch von diesem Staatsvertrag angesprochen fühlt, warum habt Ihr dann nicht alle ein vollständiges Impressum auf Euren Seiten? (Anmerkung: Ihr habt es völlig zu recht nicht, denn Ihr braucht überhaupt keins zu haben.)

Natürlich ist das ganze ein völlig untauglicher Versuch, Jugendschutz im Internet einzuführen, denn er ignoriert die prinzipielle Grenzenlosigkeit der Internets. (Elsa zum Beispiel wird zwar vermutlich überwiegend von Deutschland aus gelesen, aber unterliegt nicht den hiesigen Gesetzen.) Er ist auch deshalb ungeeignet, weil Jugendschutz durch Alterkennzeichnung nicht funktioniert und auch noch nie funktioniert hat -- entscheidendes Kriterium ist und bleibt die Verantwortung der Eltern. Nur wenn die Eltern ihre Kinder entsprechend erziehen, das heißt auch: ein Auge darauf haben, womit die sich so beschäftigen, vor allem aber die Auseinandersetzung mit dem Konsumierten fördern, werden Kinder und Jugendliche vor schädlichen Folgen bewahrt, nicht dadurch, daß man von Staatswegen was verbietet. Denn an solche Verbote halten sich nur die Jugendlichen, die von ihren Eltern einigermaßen erzogen wurden. Die "Problemjugendlichen" hingegen stammen in den seltensten Fällen aus intakten Familien. Den Schluß, was da vermutlich eher die Kausalursache ist, überlasse ich mal dem geneigten Leser.

So, und das nächste Mal erzähle ich Euch was über die Wirkungslosigkeit von pauschalen Disclaimern zur Linkhaftung...

Mein Kommentar

Wozu -- dürft ihr euch aussuchen. Wahlweise Guilty Pleasure oder...
Die Ungeduldigen springen bitte bei 0:30 vier Minuten vor.

So, und jetzt verlinkt mich bitte als erzkonservativ :-)

Donnerstag, 2. Dezember 2010

Keine Blondinen

Die Guilty Pleasure-Geschichte fiel passend zusammen mit einer Queen-von-vorne-bis-hinten-Session. Es scheint also gerade meine Vor-Metal-Phase ihr biographisches Recht zu beanspruchen. Drum noch die eine oder andere vergangene Perle. Warum gibt's solch mehr oder weniger belangloses Gitarrengeschrammel mit netten Melodien und Feuerzeugatmosphäre heute eigentlich nicht mehr (oder geht da was an mir vorbei?)?

Spaß muß sein...

Mittwoch, 1. Dezember 2010

Apropos...

Eif bin lukin for fridem

Hm, den Hasselhoff fand ich damals[tm] tatsächlich gut. Und da hatte ich bereits das Vernunftalter erreicht. Bleibt nur noch die Ausrede, vorpübertär gewesen zu sein. An diesen Ausschnitt samt dämlich blinkender Jacke kann ich mich noch extrem gut erinnern. Muß prägend gewesen sein:

Ey, voll untrue, Alter!

Zum Thema Guilty Pleasures hat Elsa schon meine ultimative Guilty Pleasure gepostet. Allerdings habe ich da die Ausrede, zum Zeitpunkt des Erscheinens noch nicht das Vernunftalter erreicht gehabt zu haben. Dafür aber nicht (entsprechend nicht mehr aus den 80ern):
Und daß ich CDs besitze, auf denen David Hasselhoff und Roger Whittaker zu hören sind, verschweige ich besser.

Dienstag, 30. November 2010

Ein untergegangenes Buch

Kurzer Hinweis: In der FAZ findet sich heute auf Seite 8 ein längerer Beitrag über "Licht der Welt" von Jörg Bremer. Ein paar Auszüge:
"In einem Industriekonzern gäbe es Entlassungen, aber beim Heiligen Stuhl geht offenbar niemand. [...] Dass sich [...] der Eindruck festsetzte, in dem Buch gehe es dem Papst vor allem um eine Lockerung des Kondomverbots, war ein schiefes Licht auf das Buch. Der Papst hat seine Haltung zur Verwendung von Kondomen nicht geändert."
Danach fängt der Artikel erst richtig an, bevor er schließlich zusammenfaßt:
"Doch was hilft das, wenn die Kurie diesen Büchern [des Papstes] nicht ihren gebührenden Platz einräumt. Dann muss der Papst dies wieder ausbügeln."
In Kirchengeschichte habe ich gelernt, daß alle Päpste, die sich an einer Kurienreform versuchten, daran gescheitert sind. Daß es die Kirche trotzdem immer noch gibt, ist für mich fast schon ein Gottesbeweis.

P.S.: Wenn jemand den Beitrag kostenfrei online findet, bitte Bescheid geben!

Montag, 29. November 2010

So führt man Leute in die Irre...

Ein Priester, den ich noch nie ohne Collar oder wenigstens "Haifischzähne" gesehen habe, stellt sich jetzt mit Foto im Internet vor. Mit seinem Paßfoto -- in Anzug und Krawatte (wußte nichtmal, daß der eine besitzt)...

Samstag, 27. November 2010

Die Revolution findet nicht statt

Liest man in der FAZ meinen Blog?! Jedenfalls ist man dort gleich auf meinen Wunsch eingegangen und hat Daniel Deckers den gestrigen Leitartikel (Freitag) über den Kondom-Satz des Papstes schreiben lassen. Dorothea wird vermutlich alles Mögliche daran auszusetzen haben, und tatsächlich kan man in einigen Punkten anderer Meinung als Deckers sein. Insbesondere der Schluß, es handele sich tatsächlich um eine Revolution und nicht nur um eine Reform, ist ein wenig sehr aus weltlicher Perspektive verfaßt, die auch sonst in Deckers Artikel immer mal wieder durchscheint, etwa wenn die kirchliche Sexualmoral und ihre Beurteilung der Empfängnisverhütung bei ihm erst mit "Humanae Vitae" zu beginnen scheint (mich hat immer gewundert, daß Dogmatik heute fast ausschließlich aus Dogmengeschichte zu bestehen scheint, Moraltheologie aber ohne ausführliche Würdigung der kirchlichen Lehrentwicklung auskommt und allenfalls mal am Rande Thomas von Aquin erwähnt). Aber, und das ist der Grund, warum ich mich über den Artikel freue, er ist sachlich, beleuchtet verschiedene Seiten der "Kondomchose" und arbeitet selbst an den Punkten, wo ich Deckers Meinung nicht teile, mit nachvollziehbaren Argumente, die immerhin eine sinnvolle Gegenargumentation ermöglichen.

Die Sachlichkeit und Differenziertheit ermöglicht es auch, einige Dinge in den Vordergrund zu stellen, die in unserer heute meist empört-aufgeregten öffentlichen Meinung zugunsten des Vorurteils, die Kirche sei unmodern, unter den Tisch fallen. Gleich zu Beginn etwa, daß die Kondomaussage so gar nicht zum (Voruteils-)Bild des dogmatistischen "Panzerkardinals" passen will. Deutet er damit an, daß manche Leute offenbar in jeder Suppe ein Haar finden wollen? Auch im folgenden Absatz räumt er zunächst ein, daß "Humanae Vitae" wie keine andere päpstliche Aussage als Zeichen für die Unvereinbarkeit von Glaube und Moderne stehe. Doch sei diese nicht nur kirchlich gesehen systemimmanent, sondern gerade "den Gebildeten unter den Verächtern der Religion sollte das nicht unsympathisch sein" -- oder anders ausgedrückt: Muß denn automatisch die Moderne im Recht sein, wenn jemand ihr gegenüber skeptisch ist? Wenn das -- als ob nicht der ganze andere Stil schon gereicht hätte! -- mal nicht ein redaktionsinterner Seitenhieb auf Geyer ist! Aber Deckers ist nicht so eindimensional, sich ein Privatgefecht mit einem Kollegen zu liefern, sondern fährt fort:
"Daher wäre es nur fair, wenn wenigstens heute anerkannt würde, daß ein Großteil des Hohns und Spotts, der sich damals wegen der Enzyklika über Paul VI. ergoß, nicht gerechtfertigt war."
Denn die Kirche habe sich damit zurecht gegen eine westliche Welt gestellt, die die das Argument einer Bedrohung der natürlichen Lebensgrundlagen der Menschheit als Alibi verwendet hat, die mit dem Bevölkerungswachtum in der Dritten Welt verbundene, gerechtfertigte Bedrohung des ressourcenverbrauchenden Lebensstils des Westens zu bekämpfen anstatt die eigene Bequemlichkeit.

Dieses Unrecht gegen Paul VI. vergleicht Deckers mit dem aktuellen Argument, die Kirche sei schuld an der Ausbreitung von Aids, das genauso niveaulos sei (Deckers drückt das natürlich viel eloquenter und verklausulierter aus ;-). Tatsächlich stehe doch die Kirche an vorderster Front im Kampf gegen Aids, nämlich bei den Kranken und Gefährdeten, denen Hinweise, man solle doch Rote Bete und Knoblauch (Mbeki) verwenden, um sich zu schützen, genausowenig helfen, wie "das großzügige Sponsoring männlicher Promiskuität mit Großpackungen voller Gummis". Es hülfen nur "Aufklärung über die Risiken, Kampangen für die eheliche Treue, die Stärkung der Rolle der Frauen und die Sorge für Kranke und Waisen". Ist das nun radikal konservativ oder radikal links? Egal: Es ist radikal katholisch im besten Sinne dieses Wortes, und allein das auf der ersten Seite der FAZ zu lesen, entschädigt für vieles, was in den letzten Tagen zu schlucken war -- auch in der FAZ!

Danach aber geht Deckers von der Apologetik zum Angriff über, bezeichnet Passagen in "Humanae Vitae" über die Folgen der sexuellen Revolution als "fast prophetisch", und das "fast" verdankt sich eher der Kritik an einer zu schwachen Rede von der "Aufweichung der sittlichen Zucht" für das, was eigentlich nur als "durchgängige Sexualisierung des Alltags" und "erschreckende[r] Mangel an der Erziehung der Herzen" beschrieben werden könne.
"Der Münchner Kardinal Marx hat Recht: Die katholische Kirche ist die letzte Verfechterin des Ideals romantischer Liebe."
(Und es wäre hinzuzufügen: Einer der größten Gegner ist Hollywood mit seinen niveaulosen Schnulzen, die immer dann enden, wenn Liebe erst wirklich zu sich selbst kommen könnte, nämlich wenn sich die beiden Protagonisten nach allerlei äußeren Irrungen und Wirrungen endlich gefunden haben und nun mit dem inneren Leben des anderen klar kommen müßten...)

Vorsichtig schließt er an, daß daraus ein unumstößliches Verbot künstlicher Methoden von Empfängnisverhütung resultiere, habe selbst die Nachdenklichsten nicht überzeugt, von den Frauen in der Kirche ganz zu schweigen. Damit hat er natürlich recht, denn dieses Verbot resultiert nicht aus dem Ideal der romantischen Liebe, sondern aus dem Recht des Kindes, kein Wunschkind sein zu müssen, sondern um seiner selbst willen und ungeplant (aber gewollt) zur Welt zu kommen, also daß sein Leben nicht von einer menschlichen Zustimmung zur Geburt abhängig ist, sondern allein von Gottes und der Menschen Liebe. Genau deshalb ist die Empfängnisverhütung (ich habe mehr Argumentationsschwierigkeiten mit der Erlaubtheit der natürlichen Methode als mit dem Verbot von Verhütungmitteln) tatsächlich der Abtreibung geistig verwandt (und dieser Konnex muß gegen Deckers' Kritik an Johannes Paul II. verteidigt werden!), denn es geht in beiden Fällen ums "Selbermachen", um den Irrtum, sein Leben selbst im Griff haben zu können und sich selbst über andere und letztlich sogar Gott zu stellen. Systematisierte man diese Einstellung als Weltanschauung, dann wäre man bei dem, was theologisch gesehen als Satanismus zu bezeichnen wäre.

Sagt man sowas aber öffentlich, wird man selbst von einem bekannten deutschen Moraltheologen im Stich gelassen, der im anschließenden privaten Gespräch von sich aus einräumt, man habe natürlich recht, aber das könne man öffentlich nun einmal nicht sagen, weil das keiner verstehe, also die Argumentationsbasis und Überzeugungskraft schmälere. Aber, verdammt nochmal!, was soll man denn sonst sagen? Soll ich Argumente einführen und vertreten, die ich selbst nicht nachvollziehen kann? Wie soll ich dann einen anderen überzeugen?! Und sei es nur, daß mein Gegenüber einräumte, er teile diese Auffassung nicht, aber er sehe zumindest, daß die katholische Position in sich konsistent sei, wie ich mal nachts um drei nach stundenlanger, hitziger Diskussion erleben durfte (eine Erfahrung, für die ich sehr dankbar bin).

Auch ist es keine Überdehnung päpstlicher Autorität, eine moraltheologische Karriere an Kritik an Humanae Vitae scheitern zu lassen. Natürlich kann jeder Katholik jede beliebige Meinung zu jeder beliebigen päpstlichen oder Glaubensaussage haben und sie gerne auch äußern. Er braucht dann aber nicht zu erwarten, daß er dann noch von der Kirche als Lehrer für den Glauben dieser Kirche und Ausbilder künftiger Priester eingesetzt wird. Denn ein Reich, das in sich gespalten ist, kann keinen Bestand haben. Das heißt natürlich nicht, daß man nur Ja-Sager braucht (es gibt durchaus legitim nebeneinander stehende, miteinander nicht harmonisierbare theologische Ansätze, aber Theologie ist etwas anderes als Glaube und Lehramt, denn es setzt beides voraus, ohne es selbst schaffen zu können), aber man braucht jedenfalls keine Theologen, die dem Zeitgeist dergestalt hinterherrennen, daß sie sich nicht die Mühe machen, ihm unangenehme Elemente der kirchlichen Lehre zu erklären. Wenn Deckers meint, infolge der päpstlichen Autoritätsüberspannung sei das "intellektuelle Niveau des Episkopats [...] heute so niedrig wie lange nicht", stellt sich -- selbst wenn diese Auffassung zuträfe und nicht nur Ausdruck seiner eigenen Arroganz sein sollte, jeden Vertreter von Argumenten, die er nicht versteht, für intellektuell minderbemittelt zu halten --  die Frage, ob er da nicht Ursache und Wirkung miteinander verwechselt.

Daß dies sehr viel wahrscheinlicher ist als Deckers' Annahme, zeigt sich auch daran, daß er ähnlich wie Geyer die Erklärung Lombardis, es gäbe nicht nur eine Hierarchie der Glaubenswahrheiten sondern auch der päpstlichen Äußerungen, einfach durch Behauptung wegredet. Was der Papst in einer Enzyklika mit noch dazu ziemlich hohem lehramtlichen Anspruch verkündet, steht nun einmal auf einer anderen Ebene als die persönliche Äußerung zu einem bestimmten Sonderfall in einem Interview. Oder anders gesagt: Wer eine Enzyklika grundsätzlich in Frage stellt, tut etwas anderes, als der, der der eine Interviewäußerung für überinterpretiert und im Licht der bisherigen Lehre zu verstehen fordert. Das eine äußert der Papst in seiner Funktion als oberstes ordentliches Lehramt, das andere nicht. Hat nicht Papst Benedikt selbst in seinen Jesus-Büchern sehr ausdrücklich betont, es gäbe einen Unterschied zwischen lehramtlichem und theologischem Reden? Die Vorstellung, der Papst nutze ein Interview, um die Lehre der Kirche zu ändern, ist irgendwie... amüsant.

Nach wie vor zu beweisen wäre die Behauptung, daß sich selbst "kirchenverbundene Katholiken" ohne Gewissenbisse einfach über die Lehre der Kirche hinwegsetzten. Vielleicht versteht Deckers ja etwas andereres unter kirchenverbundene Katholiken als ich und vielleicht lebe ich ja auch einfach in einem Fundamentalistenhort, jedenfalls spricht die durchschnittliche Kinderzahl junger Familien in meiner Gemeinde (müßte grob über den Daumen gepeilt über drei liegen) nicht gerade für exzessiven Gebrauch von Kondom und Pille (und auch bei uns gibt es gravierende Differenzen über den recht gelebten Glauben). Vertrauenskapital haben bei mir jedenfalls die verspielt, die rundheraus in Frage stellen, wonach ich (bei allen bleibenden Schwierigkeiten) mein Leben auszurichten versuche! Woher wollen all die, die die katholische Sexualmoral ganz oder teilweise ablehnen, eigentlich wissen, daß sie nicht der Weg zu einem reichen und erfüllten Leben ist? "Komm und sieh" and try it yourself. Aber Vorsicht: Gefahr der Umkehr. BTDT.

Gegen Ende kriegt Deckers allerdings doch wieder die Kurve, seinen Leitartikel nicht in polemische Kirchenkritik abgleiten zu lassen. Er weist darauf hin, daß der Papst hier ganz offensichtlich nicht sich selbst korrigierte, denn er hat sich nie ausführlich zu Kondom und Pille geäußert, dafür in "Deus caritas est" -- das Deckers zu empfehlen nicht müde wird -- das "Hohelied der Sexualität" gesungen. Und zwar ganz ohne den Nebenschauplatz Empfängnisverhütung zu betreten, gehe es ihm doch nicht um Verbote, sondern um "positive Orthodoxie", also zu zeigen, daß und warum der katholische Glaube das beste ist, was einem Menschen passieren kann. Es ist mehr als nur schade, daß dieses Ziel immer wieder durch das Herausgreifen einzelner, nur scheinbar wichtiger Aussagen aus dem Zusammenhang konterkariert und der Papst immer wieder auf ein Diskussionsniveau deutlich unter der Gürtellinie heruntergezogen wird. Irgendwie liegt es nahe, das auch geistlich zu interpretieren...

Insofern ist es aber besonders schade, daß Deckers am Ende sogar seinen eigenen Kommentar konterkariert, indem er die Interviewaussage des Papstes wieder in den Vordergrund stellt und sogar als lehramtlich interpretiert, wenn er schreibt:
"Daß in dieser Perspektive [der Verantwortung von Mann und Frau füreinander und für die Weitergabe des Lebens] auch eine Güterabwägung vonnöten sein kann, und zwar nicht als Übel, sondern als sittliche Pflicht, das ist keine Reform, sondern eine Revolution",
bleibt er eindeutig unter seinem eigenen Niveau, denn von Verantwortung für Mann und Frau und Weitergabe des Lebens hat der Papst im Kontext seiner Interviewäußerung nun wirklich nicht gesprochen. Oder hat Prostitution mittlerweile etwas mit Verantwortungüberahme für den Ehepartner und die Weitergabe des Lebens zu tun?! Da müßte mir etwas entgangen sein...

Donnerstag, 25. November 2010

We'll keep on fighting till the end

Mache mir gerade Gedanken über eine theologische Auslegung von Queens "We are the Champions". Sollte wohl besser ins Bett gehen. Gute Nacht!

Jehova!

Allein die Überschrift rechtfertigt für einen Nerd und Geek wie mich die Verlinkung dieses Artikels! Er ist es aber auch so wert!

Mittwoch, 24. November 2010

Hol's der Geyer!

Heute früh habe ich mir aus im Nachhinein nicht mehr rekonstruierbaren Gründen Gedanken darüber gemacht, warum bei uns eigentlich jede kirchliche Regelung anhand von Einzelfällen, auf die sie nicht zutrifft, so lange kritisiert werden muß, bis der Einzelfall, also die Ausnahme, zum Maßstab einer neuen kirchlichen Regelung geworden ist (die dann zwangsläufig nur noch auf den Ausnahmefall, aber nicht mehr auf die Regel zutrifft), und warum das auch noch als Anpassung an die Realität verstanden wird. Ich bin zu dem Schluß gekommen, daß wir Deutschen deutlich obrigkeitsfixierter sind als der durchschnittlich normale Mensch: Wir sind das Land, in dem "man" nachts um drei auf menschenleerer Straße an einer roten Fußgängerampel wartet, wie es ein indischer Pater mal ausdrückte. Die Obrigkeitsfixiertheit geht sogar so weit, daß selbst dort, wo eine Mißachtung von Regeln (scheinbar) konsequenzenlos möglich sind, die Regel nach wie vor kritisiert wird, sei es die katholische Sexualmoral oder die deutsche Abtreibungsgesetzgebung. Wären wir nicht obrigkeitsfixiert, könnte es uns doch völlig egal sein, was "die da oben" an Regeln beschließen und verkünden, solange wir durch nichts in der Welt gezwungen werden können, sie gegen unseren Willen und unsere Überzeugung zu befolgen.

Nur hat die Sache einen Haken: Mit diesem Denken an die hierarchische Ordnung der Kirche ranzugehen, verfehlt den eigentlichen Inhalt des christlichen Glaubens. Es geht gerade nicht darum, auf einen allmächtigen Vater im Himmel fixiert zu sein und zu tun, was er befiehlt, ob ich es verstehe, einsehe und will oder sich alles in mir dagegen streubt, ich es sogar für völlig falsch und unmoralisch halte, sondern darum, aufgrund der Erlösung durch den Sohn befähigt zu werden, durch die Gnade im Heiligen Geist den Willen des Vaters tun zu wollen. Entsprechend gibt es seit je her in der katholischen Morallehre und selbst im Kirchenrecht die Epikie: Wenn ich nach gründlicher Überlegung und aufrichtigem Suchen zu der Überzeugung gelange, daß Gottes Wille an mich ist, etwas zu tun, was ich nach kirchlicher Lehre und kirchlichem Recht nicht tun dürfte, und wenn ich zudem guten Gewissens zu der Überzeugung komme, das Lehramt bzw. der kirchliche Gesetzgeber hätte seine Lehre bzw. sein Gesetz anders gestaltet, wenn er meinen konkreten Einzelfall und seine Umstände berücksichtigt hätte, daf ich aufgrund dieser Überzeugungen der Handlungsaufforderung folgen, die mir als unabweisbarer Wille Gottes in meiner konkreten Situation gegenübertritt. Ich darf dennoch nicht erwarten, daß das kirchliches Lehramt oder der kirchliche Gesetzgeber meine Überzeugung teilt -- es soll ja auch die Möglichkeit geben, daß ich aufgrund meiner immer verbleibenden menschlichen Schwäche gar mächtig geirrt habe (gleichermaßen wäre es natürlich auch denkbar, daß ein Heiliger hier tatsächlich einen ganz bestimmten Ausnahmefall erkannt hat, die Regel ist das nach allgemeiner menschlicher Erfahrung aber nicht). Mein Kirchengeschichtler sagte mal über die Ordensregeln im Mittelalter, sie wären immer so hoch gehängt worden, daß man noch drunter durchgehen konnte. Mit anderen Worten: Die Regeln sind für den Menschen und sein Heil da, nicht um ihn zu knechten und eine Art gesetzliche Herrschaft über ihn auszuüben.

So oder so bedeutet das, daß die kirchlichen Regeln nicht im entferntesten davon berührt werden, wenn sich selbst eine große Zahl von Christen in der Praxis über eine Regel hinwegsetzt. Sie stellen damit nicht in Frage, daß die Regel an sich richtig und sinnvoll ist, wenngleich sie im jeweilig konkreten Einzelfall nicht zutreffend ist, die Kirche anerkennt hingegen nicht, daß diese Christen im Recht wären und folglich die Regel falsch, sondern überläßt diese Frage der barmherzigen Beurteilung des Beichtvaters. (Eine Anmwerkung am Rande: Genau das ist der Grund, warum sich die Moraltheologie so lange in kasuistischen Einzelfällen erging: Die grundlegenden Prinzipien und Regeln sind klar und gehörten noch lange bis in die Neuzeit zum Bereich der Dogmatik, in der moraltheologischen Lehre ging es hingegen um die Anwendung dieser Prinzipien in konkretern Situationen -- weil die Auszubildenden genau damit in der Praxis, nämlich im Beichtstuhl, konfrontiert wurden und einen dem Einzelfall entsprechenden Umgang mit den Prinzipien erlernen mußten.) Denn es geht um das Heil des einzelnen Menschen und nicht um die Aufrechterhaltung überkommener gesellschaftlicher Sitten. So kann das Aufbegehren gegen das Befolgen einer guten Regel aus den falschen Gründen ein notwendiger Schritt auf dem Weg zur Heiligkeit sein -- auf einen konkreten Menschen in einer ganz konkreten Situation bezogen. Weil es aber um das Heil des Einzelnen geht und weil dieses Heil eben nicht von den innerweltlichen Regeln abhängt, sondern vom Glauben und dem Tun-Wollen des Willen Gottes, hat die Kirche letztlich auch überhaupt nicht die Vollmacht, einfach einen 180°-Schwenk zu machen -- kann denn heute falsch sein, was gestern richtig war? Nur wenn es entweder schon gestern falsch war (haben dann aber ganze Generationen nicht gewußt, was zum Heile nötig ist?) oder wenn sich die Umstände so geändert haben, daß sich die Bewertung einer Handlung mit ihnen ändert. Diese Änderung der Umstände kann aber nicht bloß im rein zeitgeistigen Wandel der Verhaltensweisen bestehen, sondern muß die Handlung auf metaphysischer (oh böses Wort!) Ebene verändern -- was aber im Grunde bedeutet, dasselbe Wort für eine ganz andere Tat zu verwenden. Mir fällt dazu auch ehrlichgesagt nur ein einziges Beispiel ein: Die Religionsfreiheit. Was im vorpluralistischen und vordemokratischen, christlich geprägten und fundierten Staat ein Unding war (Wahrheit und Unwahrheit gleichberechtigt?!), wurde durch das Entstehen säkularer Staaten und pluralistischer Gesellschaften zur notwendigen Forderung (sollte die Wahrheit weniger Recht als die Unwahrheit haben?).

Als ich mich dann in der FAZ bis zum Feuilleton vorgearbeitet hatte und mich das Bild eines müde wirkenden Papstes begrüßte, kamen mir diese Gedanken wie göttliche Eingebung vor, nachdem mich der Titel "Wirklich keine Revolution?" gleich auf den Autor des Artikels blicken ließ und ich dort den Namen "Christian Geyer" las. Ich wußte gleich, daß ich mich bloß wieder ärgern würde, wenn ich den Artikel lese. Ich habe es dann doch getan. Die gute Nachricht zuerst: Er ist nicht ganz so unter der Gürtellinie wie der letzte. Die schlechte: Alles, was ich mir heute früh an Gedanken über die "deutsch(-katholisch)e Seele" gemacht hatte, wurde hier bis ins Detail bestätigt. Gleich der Anfang:
"Ein Gummi zur Ausübung des Geschlechtsverkehres [daß er genau dazu diene, bestreitet die Kirche ja...] gerät zum Testgummi für die Modernetauglichkeit einer Institution mit 1,2 Milliarden Mitgliedern."
Ist er das wirklich? Eigentlich hätte diese Einleitung Geyer schon den Wink geben können, wie absurd lächerlich diese Diskussion eigentlich ist.

Danach verwendet er einen langen Absatz, der etwa ein Fünftel seines Artikels ausmacht, um die Erklärung Lombardis, das sei ja gar nicht neu, durch Behauptung zu widerlegen: Es gehöre ja zur Ideologie der Kirche, Revolutionen nicht als die Revolutionen zu bezeichnen, die sie sind, sondern als vertieftes Verständnis der Überlieferung (daß er da gleich mit der Kanone "Religionsfreiheit" kommt, zeigt, daß er weder vertiefte Kenntnis der Religionsfreiheitsfrage hat, noch zwischen einer Interviewäußerung und einem Konzilsdokument unterscheiden kann). Den nächsten Absatz, ein weiteres Fünftel, braucht er, um genau diese Unterscheidung zwischen Lehramt und Interviewäußerung als Schutzbehauptung hinzustellen (muß ihm also ganz schön schwer gefallen sein).

Anschließend hakt es dann völlig bei ihm aus. Aus der kasuistischen Überlegung, daß es Fälle geben kann, in denen der Gebrauch eines Kondoms das geringere Übel sein könnte, und der Tatsache, daß der Papst nicht der erste Katholik und Theologe ist, der diese Fälle berücksichtigt, macht Geyer ein allgemeines "safer sex"-Traditionsargument ("man habe ja schon immer Kondome benutzen können" -- was ja einfach nicht stimmt, aber was macht das schon, wenn die aktuelle Aussage mit "Katholiken dürfen jetzt Kondome benutzen" auch nicht stimmt), das über kurz oder lang die Sexualmoral der Kirche revolutionieren, zu einer Anpassung der Kirche an die Moderne führen würde. Daß er anschließend dem Papst das Argument, mittlerweile würden selbst säkulare Hilfsorganisation die kirchliche Position teilen, Kondome seinen nicht die Lösung, sondern vor allem Enthaltsamkeit und Treue, im Munde umdreht und behauptet, der Papst würde
"nur erklären, was jeder Aktivist der Aids-Prävention bestätigen würde",
schlägt dem Faß eigentlich schon den Boden aus.

Alles weitere Gefasel, die Kirche müsse modern werden, und der Papst halte das den Traditionalisten vor (zu denen rechnet Geyer mich wahrscheinlich auch...), die Kirche dürfe nicht neben der Moderne leben, ist nur noch mäßig aufregend. Bekanntlich hat die Moderne auch den Holocaust hervorgebracht, also kann der Papst wohl kaum gemeint haben, die Kirche müsse alles einfach mitmachen, sondern vielmehr sie müsse sich in der Moderne um so mehr zu Wort melden, anstatt sich in den Kokon eines wohligen Gemeinschaftsgefühls zurückzuziehen. Das scheint mir aber eher an den lauen Durchschnitt der Sonntagschristen gerichtet zu sein...

Erst mit dem Schlußsatz läuft er wieder zu Hochform auf:
"Was, wenn mit der revolutionären Wende in der Kondomfrage auch das Reinreden in die Sexualität ein Ende hätte? Ein Gedanke nur, gleich dem einer Droge."
Tja. Ich habe den Papst noch nicht in meinem Schlafzimmer gesehen -- leider. Mit dem Verweis auf eine "Droge" trifft Geyer aber den Nagel auf den Kopf, denn genau den Gebrauch der Sexualität als Droge, als etwas, das ich mir zur (Selbst-)Befriedigung verschaffe, anstatt es als Ausdruck einer tiefen, innigen Liebe zu sehen, ist es, gegen den sich die katholische Sexualmoral seit eh und je wendet und was der Papst im selben Buch auch nocheinmal ausdrücklich und eindringlich gesagt hat. Komisch, daß das an Geyer vorbeigegangen sein muß...

Alles in allem wird der Kommentar über die Identitätskrise Geyers zu meinem letzten Posting überdeutlich bestätigt. Warum belästigt er uns nur damit, wenn er einfach nicht versteht, was den christlichen Glauben ausmacht? Ich hätte nicht gedacht, daß ich das einmal schreiben würde, aber: Bitte, liebe FAZ, kann Daniel Deckers nicht den gleichen Platz eingeräumt bekommen?

Montag, 22. November 2010

My Mission: The Mission

Auf dieses Domradio-Interview mit Bischof Wanke, der "sich schon riesig freut auf den Papstbesuch", wollte ich noch verweisen (ist schon von Freitag). Stichworte: geistlichen Grundwasserspiegel heben, Evangelium zu den Menschen tragen, zurechtrücken manchmal schiefer Berichterstattung über den Papst.

Güterabwägung

Wenn ich mich an dieser Stelle hier aufregen, wenn es bei Daniel Deckers "aushakt", fühle ich mich gezwungen, auch darüber zu berichten, wenn er im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte und unter Einsatz seiner besten Fähigkeiten als promovierter Moraltheologe die Sache auf den Punkt bringt.

Nachdem er bereits am Samstag in einem Kommentar zum Papstbesuch "thüringer Selbsbewußtsein" und ganz viel ratzinger'sche Theologie (neben badischem Liberalismus; gut, in der Mischung funktioniert das vielleicht) zu einer Mischung erklärte, die nicht die schlechteste für die deutsche Kirche sei, schreibt er heute (online wiederum nur für den Preis der ganzen Zeitung) über die "Kondom-Verbot-Aufhebungsdebatte", der Papst bewege sich mit seiner Aussage
"nur auf dem in der Geschichte der Theologie längst vermessenen Feld der Güterabwägung, ohne dabei den Kern der Sexualmoral der Kirche aufzugeben: die Verbindung von Sexualität und Liebe und die Hinordnung von Sexualität auf die Weitergabe des Lebens. Diese Überzeugung preiszugeben, fiele dem Papst im Traum nicht ein -- warum auch? Der Vorwurf der Liebes- und damit der Lebensfeindlichkeit trifft die recht verstandene katholische Sexualmoral kaum. Dafür gibt es keinen besseren Zeugen als Papst Benedikt XVI. Seine erste Enzyklika 'Deus caritas est' ist ein Hohelied der Liebe, das noch lange erklingen wird. Wenn man es hören will."
Wohl gesprochen! (Über das "kaum" sehe ich einmal hinweg, ich denke, tatsächlich wird die Sexualmoral von diesem Vorwurf überhaupt nicht getroffen.)

Daß es in der öffentlichen Diskussion aber überhaupt nicht um die Frage geht, wie sinnvoll mit Sexualität, AIDS und Kondomen umgegangen werden kann, zeigt dagegen Christian Geyer im Feuilleton (auch nur gegen Geld nun auch online zu finden, via Stanislaus' passendem Kommentar, ich verlinke den nicht). Dort wird die Papstaussage zu Kondomen nicht einmal als "Etappensieg" gefeiert, sondern als völlig unzureichend und realitätsverweigernd dargestellt und in einem nur sprachlich von der "Bild" unterschiedenen (nein, das war jetzt eine Beleidigung der "Bild") sinnbefreiten Cocktail mit dem "Bekenntnisbuch" David Bergers, das angeblich den Vatikan in Bredouille bringe (eine Aussage, die nur zeigt, daß Geyer keine Ahnung vom Vatikan hat, von der katholischen Kirche ganz zu schweigen, aber das ist ja keine neue Erkenntnis) vermischt wird -- offenbar um auf Teufel komm raus weiter die Weltfremdheit der Kirche behaupten zu können. Da muß sich ja jemand ganz schön in die Ecke getrieben fühlen, wenn er schon solche Kanonen herauskramen muß...

Sonntag, 21. November 2010

Der Heilige Stuhl und Wir...

In einer kleinen Meldung der FAZ (Samstag, S. 6) zu den unerlaubten Bischofweihen in China heißt es:
"Gemeinhin einigen sich Heiliger Stuhl und Vatikan zunächst auf eine Bischofserhebung."
Subtiler kann man das Recht des Papstes, Bischöfe frei zu ernennen, nicht ausdrücken :-)

Freitag, 19. November 2010

Cool!

Unser Bischof hat den Papstbesuch zum Schluß des Pontifikalamtes verkündet: Wir haben Elisabeth ein Geschenk gemacht, indem wir in diesen Tagen das Hospiz in Eisenach eröffnet haben, für das wir im Elisabethjahr zu sammeln begonnen haben. Und Elisabeth hat uns ein Geschenk gemacht: Der Papst kommt zu uns nach Thüringen im nächsten September.

Das allgemeine, freudig überraschte Gemurmel zeigte, daß es Erfurter Katholiken gab, die den heutigen Tag hinter sich gebracht hatten, ohne vom Papstbesuch zu erfahren. Und eine Elisabeth unter den Gottesdienstbesuchern rief ein "Cool!" in die Runde, noch bevor der Bischof seinen Satz beendet hatte. Ganz ehrlich: Recht hat sie!

Was für ein Tag!

Juble laut, Tochter Zion

Mittlerweile ist es bestätigt!

WIE GEIL IST DAS DENN????ßßßßesszett

Laus tibi, Christe!

Als Stanislaus Anfang des Monats eine Diskussion darüber lostrat, wohin der Papst bei einem möglichen Deutschlandbesuch denn außer nach Berlin noch reisen sollte, war ich schon drauf und dran, das missionarische Zentrum Deutschlands ins Spiel zu bringen, zumal ich darauf schon seit 2007 spekuliere. Nur meine Bescheidenheit (*hüstel*) hat mich damals noch davon abgehalten, meine Studienstadt und Wahlheimat über den grünen Klee zu loben.

Heute früh beglückte mich MDR Info aber zur Abwechslung mal mit einer Nachricht, die mich sofort wach werden ließ (was angesichts meiner Übermüdung nicht ganz einfach war) und die dem heutigen Hochfest zutiefst angemessen war: Offenbar läßt sich der Papst in seiner Reiseplanung tatsächlich durch Briefe von Grundschülerinnen, die ihm auch gleich die elterliche Wohnung als Übernachtungsmöglichkeit anbieten, beeinflussen!

Nach Freiburg käme er dann übrigens auch. Mal sehen, ob beim heutigen Pontifikalamt die Katze aus dem Sack gelassen wird.

Mittwoch, 17. November 2010

Ein guter Grund

Heute gibt es in der FAZ eine Rezension über den neuen Harry Potter-Film (Teil VII.1, online nur gegen Geld, für das man am Kiosk schon die ganze Zeitung bekommt, zugänglich -- auch ein Thema, das einen eigenen Post wert wäre). Kurz gesagt: Der Film sei langweilig, komme nicht vom Fleck, und Teil VII.2 könne nur besser werden.

Eine schlechte Filmerezension in der FAZ ist ja häufig ein Indiz für einen guten Film. Was allerdings selten vorkommt, ist hier der Fall: Die Rezension erklärt gegen ihren Wortlaut sogar, warum der Film gut ist. Man überlege sich mal, woraus der erste Teil von Band 7 besteht: Aus einer ziellosen Flucht vor einer komplett feindlich gesinnten Welt und der ergebnislosen Suche nach den Horcuxes. Außer dem Streit zwischen den psychisch angespannten Hauptpersonen gibt es auch im Buch kaum Action.

Im Gegenteil. Es heißt in der Rezension, anstelle wichtiger Handlungsteile (Kreacher und der Zaubereiminister tauchten nicht auf, wodurch für das Verständis der Lösung wichtige Hinweise im Film fehlten) zeige der Film
"in größter Ausführlichkeit die ziellose Flucht der Freunde durch ein tristes, ödes Land, aus dem die Dementoren alle Lebensfreude gesaugt haben. Statt des fröhlichen und unaufdringlichen Patriotismus, der die 'Harry Potter'-Filme in ihrer gloriosen Britishness bislang immer durchwehte, dürften die dortigen Zuschauer diesmal eher ein Land gespiegelt sehen, das sich zu Tode sparen muss."
Da fragt man sich ja, welche Atmosphäre die Rezensentin beim Lesen von Band 7 empfunden hat. Der ist von allen Harry Potter-Büchern der tristeste, sperrigste und zäheste, vor allem in seinem ersten Teil. Hier findet sich tatsächlich nichts mehr von der Fröhlichkeit, der kindlichen Entdeckungsfreude der Helden, die die anderen Bände in übrigens auch schon zunehmend abenehmeder Weise durchzog (und mich bis zum vierten Teil zu einem Harry Potter-Verächter machte). Das übliche Muster -- jeder Band beginnt mit dem Ende der Sommerferien und der Rückkehr nach Hogwarts -- wird durchbrochen, die Schule spielt überhaupt keine Rolle mehr und die ganzen netten kleinen Geschichtchen und Anekdoten am Rande, die für die Geschichte an sich nicht wichtig waren (oder sich erst in späteren Bänden als relevant herausstellten), können so gar nicht mehr vorkommen. Band 7 ist einfach nicht mehr im entferntesten ein Kinderbuch. Die Helden werden im Laufe der Reihe erwachsen, und im Band 7 sind sie mit den Konsequenzen davon am deutlichsten konfrontiert. Band 7 ist brutal, die Bedrohung ist nicht regional und/oder zeitlich begrenzt, sondern immer und überall, nirgendwo gibt es Sicherheit, und Harry weiß das, so daß er nicht einmal durch sein Unwissen noch geschützt ist. Band 7 stellt Böses als Böses dar und zwar in seiner ganzen Brutalität -- nicht indem in Splatter und Gore verstörende Gewaltdarstellungen in ihrer ganzen "Schönheit" (und zugleich Banalität) dargestellt würden, sondern indem die Bedrohung unterschwellig immer da ist, nie aus den Köpfen der Helden und des Lesers verschwinden kann, und sich in einer trügerischen Friedlichkeit der Szenerie darstellt.

Was das Buch mit den ihm angemessenen literarischen Mitteln macht, mußte der Film szenisch umsetzen. Daß dabei andere Teile auf der Strecke bleiben, liegt in der Natur von Buchverfilmungen an sich und der Harry Potter-Verfilmungen im besonderen. Im Gegensatz zum zweiten und dritten Teil vom Herrn der Ringe, die in der Filmversion von monumentaler Schlachtenszenerie geprägt sind, scheint es der Harry Potter-Verfilmung zu gelingen, die Gewißheit der drohenden Gefahr und ihrer Unausweichlichkeit in die filmische Bildersprache umzusetzen: Harry weiß (wie Frodo), daß er nur durch das Leid, durch die offene Konfrontation mit dem Bösen in der Höhle des Löwen zum Ziel gelangen kann, daß er um des Heils der Welt willen sich selbst der Todesgefahr, ja dem Tod selbst ausliefern muß. Er weiß -- und das ist, was für mich beide Bücherreihen so faszinierend macht --, daß die Erlösung nur durch das Kreuz erlangt werden kann. Schade, daß die FAZ-Rezensentin das nicht erkannt hat.

Donnerstag, 11. November 2010

Zwischenlager, Endlager, Salzstock

Die Unwissenheit, die ich meine. Also nochmal (der verlinkte Artikel ist schon von 2003, inhaltlich aber nach wie vor aktuell; den Link bekam ich gestern über Twitter) deutlich: Die Castoren stehen im Zwischenlager Gorleben. Das ist die lange Halle in der Mitte des Geländes oben links auf der unteren Karte und keineswegs ein Salzstock. Ein Endlager gibt es noch nicht und das Zwischenlager wird auch nie Endlager werden können. Das Erkundungsbergwerk Gorleben, das als Endlagerstandort in Frage kommt, liegt auf dem Gelände unten rechts. (Hier gibt's auch nochmal die offizielle Auskunft in der Bildunterschrift.)


Größere Kartenansicht

Unbezahlbar

Die Kinder vor dem Martinsumzug nochmal auf die Toilette schicken -- sinnvoll.

Schlüssel für mehrere halböffentliche Gebäude mit Toilette am Rande des Weges dabei haben -- unbezahlbar.

Mittwoch, 10. November 2010

Dioskur

Tja leider hat es der Castor Behälter doch geschafft.
Wenn ich sowas lese, könnte ich ja kotzen! Ja, wo sollen die Dinger denn sonst hin?! Sollen die Franzosen sie behalten? Die werden sich bedanken. Sollen sie weiter in den Zwischenlagern nahe der Atomkraftwerke bleiben? So konnte man sich vor 10 Jahren aus der Affäre ziehen, aber irgendwann sind die Lager da auch einfach mal voll, weil nicht dafür vorgesehen. Und werden die Dinger nach Rußland verschifft, dann schreien die gleichen Leute auf, die im Wendland demonstrieren (lassen): Russische Sicherheitsbestimmungen, um Gottes Willen! Dann hätten wir vielleicht die Endlagersuche nicht ein Jahrzehnt auf die lange Bank schieben sollen...

Was aber regt ihr euch drüber auf, wenn in Rußland ein Castorbehälter umkippt? So gefährlich können die doch gar nicht sein, wenn man sie stundenlang auf mehr oder weniger offener Strecke festhalten, Umleitungen (und damit eine Vergrößerung des durchfahrenen Gebiets) verursachen und sogar die Bahnstrecke beschädigen (das "Schottern" ist ja nichts wirklich Neues und unterscheidet sich von den in den 90ern beliebten Oberleitungskrallen nur graduell) kann.

Mal ganz ehrlich, Leute: Das Zeug wird nie wieder so gefährlich sein, wie er auf dem Transport war. Irgendwie erinnert mich das an meine Mitschülerin, die allen Ernstes die AIDS-Schleife trug, "um kein AIDS zu bekommen"...

Dienstag, 9. November 2010

Ein Schelm...

Eine ganze Weile habe ich mich gefragt, ob ich mich verlesen habe, als mir aus dem katholisch.de-Feed folgender Teaser angezeigt wurde:
66.000 Katholiken gingen zur Wahl
"Sie verursacht mehr Schaden und Risiken als Nutzen", heißt es in einer Stellungnahme
Nun ist der Feed von katholisch.de häufig alles andere als aussagekräftig, so daß ich in geübter Weise den entsprechenden Artikel aufrief, der von den PGR-Wahlen im Bistum Osnabrück berichtete. Oha! PGR-Wahlen verursachen mehr Schaden und Risiken als Nutzen??? Kraß, sowas auf dem offiziellen Portal der DBK zu lesen!

Aber halt! Im Artikel selbst ist davon ja gar nichts zu finden?! So verwirrt hat mich die Bischofskonferenz schon lange nicht mehr.

Des Rätsels Lösung steckte dann im nächsten Eintrag:
"Mehr Schaden und Risiken als Nutzen"
Der Diözesanrat fordert eine Rückkehr zum geordneten Ausstieg aus der Atomenergie, wie er im Juni 2000 beschlossen wurde.
Und da ich mich gar mächtig über diesen Beitrag geärgert habe (wieso diskutiert man Kernenergie eigentlich mit einem Philosophen, anstatt mit einem Kernphysiker, der wenigstens weiß, wovon er redet und nicht nur die Plattitüden wiederholt, die schon vor zwanzig Jahren falsch waren, weil sie einfach naturwissenschaftlich falsch sind), war das mal eine gute Gelegenheit, meine Gadgetliste zu überarbeiten.

Mist!

Vielleicht sollte man sich keine Gedanken darüber machen, ob man mit seiner Arbeit eigentlich zufrieden ist, während man melancholischen Doom Death hört...

Freitag, 29. Oktober 2010

Ich schreibe wie...

Johannes und Jacopone haben's schon vorgemacht, ich bin ein Herdentier und folge. Wie schreibe ich also (laut FAZ)?

Wenn man die Blogsuche von Google bemüht, dann scheint dieser Algorithmus hauptsächlich Freud und Goethe auszuspucken, entsprechend war ich nicht sonderlich überrascht, daß das erste Ergebnis (aus meiner Doktorarbeit) "Freud" ergab. Auch der eine oder andere Blogeintrag unterstellte mir eine stilistische Nähe zum Begründer der Psychoanalyse. Eine ganze Reihe weiterer Artikel soll angeblich Goethe nahekommen. Erstaunlich, daß ich angeblich schreibe, wie zwei Leute, deren Schriften mich immer gelangweilt haben. Kein gutes Zeichen.

Interessanter sind aber die Zufallstreffer. "Metal-Orden" soll stilistisch Kafka ähneln (was ich als große Ehre empfinde, ich mag Kafka), "Wie gut daß ich katholisch bin..." hingegen Daniel Kehlmann (kann ich gut mit leben). Auch mit den Vergleichen mit Thomas Bernhards ("Grauen des Lebens") und Peter Handkes ("Osterfreude") Stil könnte ich mich noch anfreunden. Über Rainald Goetz ("Schon lange...") und Melinda Nadj Abonji ("Bei Geburt geschlachtet") kann ich mich nicht äußern, bis eben wußte ich nicht einmal, daß es Menschen dieses Namens gibt. Auch daß "Destruktionstheologie" angeblich dem verquasten Stil von Hegel ähneln soll, kann ich zumindest auf wissenschaftlicher Ebene noch akzeptieren.

Das Ergebnis meines allerersten Postings hat mich jedoch zum sofortigen Abbruch des Experiments gezwungen. Mit diesen die deutsche Sprache vergewaltigenden Stil will ich nichts zu tun haben (selbst, wenn mir für dieses Posting mal der Literaturnobelpreis verliehen werden sollte!): Günter Grass. P.S.: Dieses Posting ist mal wieder ein Freud.

Mittwoch, 20. Oktober 2010

Death to the World -- Christ is risen!

Phil hat mich durch einen Kommentar (indirekt) auf Folgendes gestoßen:



Als ich den Titel "Death to the World" gelesen habe, dachte ich ja zuerst, wie kann man aus einem Kloster ein Death Metal-Zine machen. Pustekuchen. Wobei die ästhetische Nähe ja durchaus frappierend ist (und gleich ein ganzes Bündel meiner Vermutungen stützt). Abgefahren.

Falsche Illusionen zerstreuen

Der "skeptische Realismus" der Serie [Simpsons] gebe "keine einfachen moralischen Lektionen, sondern helfe, falsche Illusionen über die Welt zu zerstreuen".
Wenn der OR dasselbe jetzt noch über Metal schreibt, bin ich versucht, ubesehen ein lebenslanges Abo im Voraus zu bezahlen!!!11einself

Metal-Orden?

An anderer Stelle gab ich ja schonmal preis, daß die Kartäuser eine gewisse Faszination auf mich ausüben. Nun habe ich über ein paar Umwege mal wieder was von einem früheren Kommilitonen und Bruder im Geiste (oder zumindest in der Haarlänge) gehört. Ich wußte von ihm, daß er schon damals[tm] mal Kontakt zu einem "harten" Orden aufgenommen hatte, bei dem man, wie es ein anderer Kommilitone ausdrückte, "den ganzen Tag vor dem Allerheiligsten liegt" (auch eine faszinierende Vorstellung). Damals hat ihn wohl abgeschreckt, daß er sich von seinen Haaren trennen sollte (wiederum eine Schreckensvision, die ich bisher nur mit der Bundeswehr in Verbindung gebracht habe). Jetzt habe ich gehört, daß er tatsächlich eingetreten ist. Wo? Natürlich: Bei den Kartäusern.

Donnerstag, 14. Oktober 2010

So fed up with the second best

Weil mir grad danach ist und ich mich über jemanden gefreut habe, der sich gerade nicht mit der durchschnittlichen Mittelmäßigkeit zufrieden geben will:

Montag, 4. Oktober 2010

Ist das ernstgemeint?!

Aus der Beschreibung einer WiSiKi-Gruppe im StudiVZ (33 Mitglieder):
"Du bist nicht allein! Tritt dieser Gruppe bei, diskutiere mit, erhalte aktuelle Infos oder steh einfach nur auf der Liste. Die Gruppe im VZ ist klein, aber wir haben die gesamte Organisation hinter uns. Wenn du dich hier regelmäßig über Aktionen informierst, dann kannst du echt was bewegen. Du bist Kirche!"

Freitag, 1. Oktober 2010

Wahrheit, Verkündigung und Echtheit des Lebens im digitalen Zeitalter

So lautet das Thema, das Papst Benedikt sich für den nächsten Welttag der sozialen Kommunikationsmittel ausgwählt hat (siehe hier). Das wird spannend!

Donnerstag, 30. September 2010

Schon lange...

...bin ich von Musik nicht mehr völlig "weggeblasen" worden. (Wenn ich mich recht erinnere waren das Cryptopsy live auf dem Party.San 2006 mit den Stücken von "Once Was Not". Eigentlich halte ich es immer noch für fast unmöglich, diese Musik tatsächlich dermaßen tight auf den Punkt gebracht live zu spielen.) Umso überraschender ist für mich, daß es nun ausgerechnet der hauptsächlich fröhliche Kinderlieder komponiert habende Mozart (no offence intended, mir ist bewußt, daß Mozarts Musik technisch ziemlich anspruchsvoll ist, ich mag sie halt nur nicht) geschafft hat. Gott, ist das fucking metal! Wie Streicher so "sägen" können! Unglaublich, bisher dachte ich, man müßte klassische Streichinstrumente malträtieren wie Apocalyptica, um mir solche Schauer über den Rücken zu jagen! Ein Kommentar bei YouTube bringt es auf den Punkt: "This is how to have an orgasm in 1min and 51seconds."



Und ja: Als gebildeter Mensch hätte ich mindestens zwei Dekaden früher auf Mozarts Requiem stoßen müssen, aber ich bin halt ignorant!

Dienstag, 28. September 2010

Propaganda Fide

Die im vorvorigen Post erwähnte Diskussion hat zwischendurch eine interessante Entwicklung genommen. Nach anfänglicher "Atheistenpropaganda" hat man zu einer sich der Sachlichkeit nähernden Kontroverse gefunden (die dann allerdings auch bald beendet war). Für mich ein Beleg dafür, dass es sich lohnt, als Katholik offensiv katholische Positionen zu vertreten und gegen die üblichen schwarzen Legenden anzugehen (vgl. etwa hier). Dabei ist natürlich hilfreich, nicht erst bei einem entsprechenden Thema aus seinem Loch zu kriechen. Typischer Fall von "Zeugnis geben an dem Platz, an dem man sowieso ist".

Montag, 20. September 2010

Bei Geburt geschlachtet

Gestern war mein erster Marsch für das Leben. Meine Gedanken sind irgendwie noch reichlich ungeordnet, aber für unausgereifte Gedanken ist ein Blog ja auch da.

Erfreulicherweise war ich nicht der einzige, der irgendwie potentiell nach Gegendemonstrant aussah. Und auch nicht der einzige, der "spot the abortionist" spielte. Damit habe ich allerdings aufgehört, nachdem sich eine potentielle Gegendemonstrantin als Trägerin eines Jesus-T-Shirts entpuppte. Meine Güte, selbst in meinem Kopf solche Scheren...

Andererseits war ja tatsächlich schon vor Beginn der Veranstaltung zu erkennen, dass da eine ganze Reihe von Personen vor der Bühne standen, die sicherlich nicht für das Leben marschieren wollten. (Wie blöd ist das eigentlich, eine Demo gegen eine Demo "für das Leben" zu machen? Macht das nicht automatisch aus der Gegendemo eine Demo gegen das Leben???) Und plötzlich fühlte ich mich sehr unwohl in meiner Haut und ließ mein dem Anlaß entsprechendes T-Shirt wegen der möglichen Mißverständnisse besser unter der Regenjacke versteckt. (Interessanterweise ist das mein einziges Metal-Shirt, das überhaupt -- dafür aber regelmäßig -- erkennbare Reaktionen hervorruft.) Um ein Kreuz habe ich mich dann gar nicht mehr ernsthaft bemüht, zumal es an der Stelle, an der ich stand, eh aus mir völlig unklaren Gründen nicht vorwärtsging.

Durch die Berichte über die letztjährigen Vorfälle (die neben einer glücklichen Fügung der Grund sind, daß ich mich endlich mal nach Berlin aufmachte) war ich vorgewarnt, was passieren könnte, und ehrlichgesagt: Ich fand die Störer im großen und ganzen harmlos. Nicht nett, nicht demokratisch, aber auf kurze Sicht jedenfalls harmlos. Solange die einzeln und nicht im Pulk auftraten, waren die sogar höflich und man konnte mit ihnen ruhig reden. Dass hier eine der Seiten grundsätzlich ihre Meinung änderte, war ja nicht zu erwarten, aber wer weiß, wofür's gut ist.

Trotzdem, was da einige an Tönen von sich gaben, kenne ich sonst nur von CD (oder live). Und in diesem musikalischen Rahmen ist das in der Regel Ausdruck von verzweifelter Wut. Mit Betonung auf "verzweifelt". Vielleicht sollte man sich diesen Leuten tatsächlich mit einer sehr pastoralen Grundhaltung nähern. Diese autoritären Ermahnungen, zu denen sich ein paar ältere Damen und Herren in meiner Umgebung hingezogen fühlten, und erst recht die Verhöhnung, die allerdings nur ein einziger älterer Herr für nötig hielt (Reaktion des Gegendemonstranten: "Was soll das denn? Sie machen doch so denselben Scheiß wie wir!"), sind völlig deplaziert. Die wollen stören, und jede Reaktion, die ihnen zeigt, daß sie stören, bestätigt sie bloß.

Eigentlich wäre also völliges Ignorieren der beste Umgang mit ihnen. Andererseits machen die es einem ja auch so schwer wie möglich, sie zu ignorieren. Wenn deren Sprechchöre direkt neben mir ertönten, kam ich jedenfalls nicht mal fehlerlos durchs Vater Unser. Apropos: Der schmerzreiche Rosenkranz hatte plötzlich irgendwie historisierende Begleitphänomene... In den Nebenstraßen kam plötzlich so etwas wie Ruhe auf, durch die der ganze Zug eine ganz andere, nicht minder erschütternde Atmosphäre bekam. An der Hedwigskathedrale erschien mir der Geräuschpegel dann plötzlich höher als je zuvor.

Ich verstehe zwar nicht, warum der Marsch für das Leben dazu führt, daß da Leute gegen Homophobie, christlichen Fundamentalismus und Patriarchat demonstrieren müssen -- aber klar ist: da hat jemand Angst um sein Weltbild. Mit anderen Worten: Die nehmen uns ernst. Im Gegensatz zu den Medien.

Dennoch, in einer Hinsicht sind diese Gegendemonstranten nicht harmlos. Ich habe mich die ganze Zeit gefragt, was in den Köpfen der Kinder vorgeht. Mit meinen Kindern bin ich auf dem Bahnhof mal in eine Horde Fußballfans geraten, und meine Kinder haben sich im wahrsten Sinne des Wortes vor Angst in die Hose gemacht. Mit Familie zum Marsch für das Leben... ich weiß nicht, mit meinen Kindern traue ich mich das wohl nicht.

Zum Abschluß noch ein Fundstück: Hier habe ich tatsächlich ein Bild gefunden, auf dem ich zu sehen bin, oder zumindest mein Rucksack mit dem blauen Regenschutz :-):

Freitag, 3. September 2010

Laien im Amt

Zum letzten Post bzw. Pater Biegers Kritik daran, daß wir[tm] mit Papst und Bischöfen ja immer einen Schuldigen haben (selbst wenn die gar nichts mit dem eigentlichen Problem zu tun haben), fällt mir noch was ein, was ein Theologiprofessor letztens sagte, als er nach den Beteiligungsmöglichkeiten von Laien in der Kirchenführung gefragt wurde. Sinngemäß: Faktisch säßen die Laien doch längst in den Entscheidungspositionen, aber die Verantwortung für die Folgen ihrer Entscheidungen delegierten sie an die Hierarchie. Beteiligung sei also doch überhaupt nicht das Problem, sondern daß "die" Laien keine echte Verantwortung übernehmen wollten.

"Fall" Broch kein Ausrutscher, sondern Menetekel

Schon ein paar Tage alt, aber dennoch sehr empfehlenswert: Pater Bieger von kath.de über Pfarrer Broch

Donnerstag, 2. September 2010

Last Man Standing?

Ja, genau das denke ich auch (nur scheint mir die Kirche noch nicht reif für die Zukunft zu sein):
"Wir sind nicht die letzten Mohikaner des Mittelalters, sondern die Vorhut einer Zukunft, von der die meisten noch keine Ahnung haben."
Joachim Kardinal Meisner

"Los Wochos"-Schenkelklopfer

Frühstück im Hause Erzbischof Zollitsch. Wieder einmal ist der Toast im Toaster hängengeblieben: "Sowas, bei uns Katholiken sind selbst die Toasts verklemmt!"

Mittwoch, 1. September 2010

On through the mist and the madness...

...we try to get the message to you.

So, jetzt geht's mir besser. Und nächste Woche laß' ich mir doch noch mein "Fundamentalist"-T-Shirt machen.

Bekenntnis

Nach einer weiteren Erfahrung der abstrusen, unerwarteten Art im innerkatholischen Umgang miteinander habe ich mir einige Gedanken darüber gemacht, warum alles, was rechts von der "Lehmannkirche" steht, Aversionen bis hin zu faktischen Exkommunikationen (zwar nicht im Sinne von Sakramentenausschluß, aber im Sinne von Ausschluß aus der Gemeinschaft: they, who must not be named) führt.

Neben vielen kleinen mehr oder weniger zureichenden Gründen fällt mir letztlich nur ein einziger wirklich hinreichender Grund ein (und ja, das ist völlig ins Unreine geschrieben, trotzdem): Bekenntnis. Es stößt offenbar vielen Mainstreamkatholiken auf, daß sich da jemand klar zu etwas bekennt, was ihm wichtiger als "wir haben uns alle lieb" ist. Alles könne man so oder so sehen, aber nicht, daß man alles so oder so sehen kann (siehe die Stanford Nutting-Videos). Es ist die Klarheit, die Deutlichkeit und die damit verbundene Herausforderung, als Gegenüber selbst Position zu beziehen, die (ich sage es mal böswillig:) überfordert. "Man" vertraut auf alles, was man so Angenehmes über Gott, die Kirche usw. gehört hat, und weil das so angenehm ist, stört jeder, der sich mit dieser Harmonie nicht zufrieden geben will.

Dumm nur, daß sich Gott ganz offensichtlich nicht mit dieser simplen Harmonie zufrieden geben will. Oder was feiern wir doch gleich an Karfreitag?

Montag, 30. August 2010

Kommunionhelferin

Ich habe absolut nichts gegen Kommunionhelfer, auch nicht gegen Kommunionhelferinnen. Wenn in jeder Messe die Massen nach vorne rammeln, ist die Grenze des durch die Geistlichkeit Machbaren schnell erreicht, und vielfach habe ich auch die Erfahrung gemacht, daß Laien ehrfürchtiger bei der Kommunionspendung sind als der Priester (der macht das täglich, vielleicht stumpft das ab, vor allem im Akkordbetrieb).

Natürlich könnte man sich über alle möglichen Mißbräuche aufregen, etwa wenn da mehrere Priester konzelebrieren und trotzdem nur Laien die Kommunion "austeilen", während sich die holde Geistlichkeit sitzend von der Anstrengung des Hochgebets erholt. Aber selbst über die weit verbreitete Unsitte, daß Kommunionhelfer mit einziehen, sich die ganze Messe über im Altarraum aufhalten, aber als einzige dort keine liturgische Kleidung tragen, will ich mich hier nicht beschweren.

Denn das, was ich darüber hinaus noch erleben durfte, reicht schon voll und ganz. Meines Erachtens haben Laien überhaupt nichts am Tabernakel verloren, schon gar nicht, wenn der Priester in derselben Zeit nur dumm rumsteht. Kommunionhelfer tragen ihren Namen immerhin vom Helfen her, nicht vom Selbermachen (und ich rede hier nicht einmal von echten Akolythen). Die Frau, die ich ertragen mußte (ja, sie war so um die 50 und in zivil; darüber, wie sie ihren Schal trug, sage ich jetzt nichts ;-), stoffelte zum Tabernakel, fuhrwerkte an ihm rum als wäre es 'ne Waschmaschine bis sie ihn endlich aufkriegte, zog mit der Linken das Ciborium heraus, trug es lässig und beschwingt zum Altar und knallte es schwungvoll auf das Corporale. "So Pfarrer, Du darfst auch nochmal eben was sagen, bevor ich weitermache."

Vielleicht war es ja auch einfach bloß ihr erstes Mal, dann kann das ja alles noch werden. Aber meine Messe war gelaufen...

Samstag, 28. August 2010

Die Mutrauber wehren sich

Mir verschlägt es ehrlichgesagt die Sprache. Vor kurzem ging ja der FAZ-Artikel "Im Land der Mutlosen" durch die Blogoezese. Inzwischen wurden insgesamt sechs Leserbriefe abgedruckt. Immer zwei in der Woche, wenn ich mich nicht irre, und immer schön am Ende derselben, damit mir die Energie fehlt, selbst einen zu schreiben. Denn die sind -- vorsichtig vormuliert -- einseitig.

Einer war etwa mit "Achtundsechzigerkirche" überschrieben. Da dachte ich noch, wow, so deutlich? -- Pustekuchen. Da wurde ausdrücklich eine Achtundsechzigerkirche gefordert, in der die Laien sagen was sie denken. Und was sie denken, darin sind sich alle sechs Leserbriefe völlig einig: Zölibat muß weg, Frauenpriestertum her und Kirche demokratisiert werden. Soviel Blödheit auf einem Haufen! Als ob das nicht seit Jahrzehnten dieselbe Leier wäre!

Nur fehlt der gegenteilige Eindruck auf den Leserbriefseiten. Ich weiß ja nicht, ob es wirklich keine anderen Leserbriefe gibt oder ob die FAZ hier zensiert, aber ich weiß, was die Bischöfe denken werden, wenn sie diese völlig übereinstimmenden Leserbriefe lesen...

Diese Einseitigkeit muß sich ändern, und darum knüpfe ich mal an diese Diskussion an und weise hiermit feierlich darauf hin: Schreibt Leserbriefe!

Ich sorge mich um Ihre Gesundheit!


Ehrlichgesagt sorge ich mich tatsächlich um ihre Gesundheit. ;-)

Black Metal ist Krieg!