Montag, 31. Mai 2010

Sehen, doch nicht erkennen; hören, doch nicht verstehen

Ach, ja, was lese ich eigentlich CiG! Bin ich ja selbst schuld, wenn mir dann sowas wie die "A Serious Man"-Rezension über den Weg läuft (Michael Schromm: Geh nicht zum Rabbi? CiG Nr. 7/2010 vom 14.2.2010 - ja, ich gebe zu, das ist schon etwas älter *g*). Vielleicht bin ich ja Masochist oder ich brauche einfach was, um meinen Kreislauf anzuregen...

Während selbst in den Telepolis-Foren anhand der Filmrezension und des Hiob-Verweises ansatzweise gesittet (für TP-Verhältnisse halt) über religiöse Fragen diskutiert wurde (und seeehr interessante Einblicke in das ermöglichte, was viele Außenstehende offenbar für christlichen Glauben halten), weist Schromm den religiösen Gehalt des Filmes gleich ganz zurück, vielmehr sei er "auf eine zynische Weise atheistisch".

Was ist denn bloß aus CiG geworden? Sonst wurde da doch selbst in den abstrusesten Werken noch irgendein "kritisches Potential", "humanisierende Kraft" oder sowas gefunden?! Jetzt wird zynischer Atheismus plötzlich kritisiert?

Das läßt mich doch schonmal reflexartig vermuten, daß der Film eben doch nicht (nur) zynisch atheistisch ist. Zynisch vielleicht, aber nicht mehr als das Buch Hiob. Atheisitisch möglicherweise, jedenfalls versucht der Film nicht gerade den lieben Gott einen guten Mann sein zu lassen. Aber zynisch atheistisch?!

Schromm verweist darauf, daß die Rabbis als Witzfiguren dargestellt werden - aber ist das nicht auch mit den Freunden Hiobs so? Da ist es sogar Gott selbst, der sie (indirekt) als Witzfiguren tadelt. Mit dem Prolog kann er auch nicht mehr anfangen, als ihn als zynischen Witz zu verurteilen.

Ist das so schwer zu erkennen, daß den Film und Hiob miteinander verbinden, daß hier auf eine zwar völlig überzeichnete, aber dafür um so durchschlagendere Weise gerade das einseitige Bild eine nur gütigen und allmächtigen Gottes, der es allen irgendwie rechtmachen soll, aber keinem weh tun darf, in Frage gestellt wird? Ein solches Gottesbild mag der Film tatsächlich zynisch bekämpfen. Aber ist das atheistisch? Oder müßten wir Christen das nicht gerade um unseres Glaubens willen eigentlich genauso machen?

Nicht daß ich falsch verstanden werde: Ich meine nicht, daß "A Serious Man" oder Hiob tatsächlich Gott in Frage stellten, wie es Schromm interpretiert ("Religion unter Sinnlosigkeitsverdacht"). Aber ich meine schon, daß die Welt, das Leben, das Universum und der ganze Rest einfach als von Gott gut geordnet darzustellen, völlig weltfremd und lächerlich ist. Aber klar, das wiederum kann einem CiG-Redakteur vermutlich nicht schmecken. Müßte er ja womöglich anfangen, über Erbsünde nachzudenken. Und daß die post-christlich postmodernen Menschen etwas sagen könnte? Μη γενοιτο!

Dienstag, 18. Mai 2010

ÖKT-Splitter II

  • Sonntagfrühmesse in St. Peter: exakt 30 Minuten. NO ohne Offb-Lesung, ohne Predigt, dafür in "old school"-Casel und versus orientem (die ist doch geostet, oder?); liturgische Antworten und Lieder durch die Gemeinde eher geflüstert, dafür Kommunionspendung an Kommunionbank in allen Variationen: stehend, kniend, Hand, Mund... Ich hoffe, ich habe mich verhört, als ich meinte, zwei Bänke hinter mir jemanden sagen zu hören, das sei doch mal eine feierliche Messe gewesen.

  • Gespräch mit Generation 50+: Obwohl sie sogar von sich aus empört sagten, manchmal lügten "die Medien" ja, daß sich die Balken biegen, waren sie nicht in der Lage, sich grundsätzlich von "den Medien" zu distanzieren. Insbesondere der eigenen regionalen Tageszeitung wurde fast Unfehlbarkeit zugesprochen. Die Vorstellung, eine mögliche weltanschauliche Einstellung des Blattes, der Redaktion oder auch nur des einzelnen Journalisten zu berücksichtigen und weitere, weltanschaulich anders gelagerte Quellen heranzuziehen, war ihnen nicht zu vermitteln. Und die[tm] kritisieren die Medienkompetenz "der Jugend", die angeblich alles glaube, was auf irgendwelchen obskuren Seiten im Netz steht. Vielleicht können sie ja auch gar nichts dafür. Früher[tm] funktionierte das halt so. Gott sei Dank ändert das Netz solche Machtmonopole!

Samstag, 15. Mai 2010

ÖKT-Splitter

  • Eine Mutter ruft ihren spielenden Kindern zu: "Wir wollen jetzt wieder zum Messegelände rausfahren." Die Kinder begeistert: "Oh, toll, Kinderbetreuung!" Würden meine Kinder so reagieren, ich fragte mich, was ich falsch gemacht habe.

  • Die erste Frage bei der Podiumsdiskussion zu Gemeinschaft im Internet: "Gibt es denn jetzt ein gemeinsames Abendmahl, und wenn ja, wann und wo?" Zusammenhangslos? Ja, aber nicht zusammenhanslos genug, daß sie übergangen worden wäre: Es gibt wieder eine Hasenhüttl-Veranstaltung, natürlich nicht offiziell. Naja, wenigstens kann sich diesmal keiner mehr einreden, er hätte nichts gewußt.

Communio und Community

Ja, der heutige Tag entwickelt sich besser als der gestrige, ja sogar überraschend gut. Prof. Dr. Dr. Sternberg MdL, immerhin Sprecher für kulturpolitische Grundfragen des ZdK, sponn bei der heutigen Podiumsdiskussion zu Vergemeinschaftungsformen im Internet ein wenig rum (im positiven Sinne) -- und kam zu (mich) überraschenden Gedanken. Daß es im katholischen Glauben durchaus der Virtualität des Netzes vergleichbare Phänomene gibt, ist mittlerweile fast schon ein Allgemeinplatz. So war es durchaus noch gängig zu hören, daß die Communio Sanctorum und die Engel in der Liturgie "virtuell" anwesend seien, d.h. die Grenzen von Zeit und Raum überschreitend. Ungewöhnlich ist der Verweis auf die himmlische Liturgie aber bei einem ZdK-Vertreter allemal, selbst wenn er Liturgiker ist. Viel interessanter war aber, daß eine Begründung folgte: Liturgie sei Kommunikation, aber Kommunikation auf anderer Ebene. Um genau das deutlich zu machen, trügen da einige besondere Kleidung und haben besondere Augaben und mache man bestimmte (rituelle) Gesten (wie etwa das Bekreuzigen mit Weihwasser). So wird deutlich: Ich rede mit Gott, und er hört mich. Aber er hört mich nicht so, wie ein anderer Mensch. Es ist eine andere Form von Kommunikation.

Zu Flashmobs fiel ihm ein: Das machen wir in der Liturgie dauernd, den Augenblick betonen. Wir nennen das Kirchenjahr. Besonders deutlich am Gründonnerstag: "Das ist heute." Aber auch Volkfrömmigkeit konnte er in diesem Kontext einiges abgewinnen: Wo ist der große Unterschied zwischen einem Flashmob, wo verschiedene, sich meist unbekannte Leute auf ein Kommando (SMS) hin dasselbe täten, und dem Angelusbeten, wo (wenn man es denn noch täte) auf ein Kommando hin (Glockenläuten) mitunter einander unbekannte Leute dasselbe tun (nämlich Angelus beten) -- was in beiden Fällen eine neue Form von Vergemeinschaftung (huch, der gehört ja auch dazu!) ergäbe.

Auf eine Frage in der Diskussion nach der Nutzung des Internets für die Beichte antwortete er, das Beichtgespräch sei ein viel zu komplexes Geschehen, als daß es ins Internet verlagern könnte. Aber nach seiner Beobachtung funktionierte die Beichte wenn überhaupt noch da, wo ein Beichtstuhl verwendet wird. Daher sei es als Chance zu begreifen, daß das Internets eine ähnliche Erfahrung von Anonymität und Intimität kenne, mit deren Hilfe neues Verständnis für die Beichte zu wecken.

Das Internet ist also doch eher katholisch. Ich bin einigermaßen beeindruckt.

Freitag, 14. Mai 2010

Mist!

Das mit dem mobilen Posten übe ich nochmal. Also jetzt mit ordentlichem WLAN nochmal alles ordentlich per Hand...

FOAD!

Bis jetzt war ich durchaus milde gestimmt und versuchte nach den anfänglich erfreulich wenig nervigen Erlebnissen einen positiven Blick auf den ÖKT zu entwickeln. Nun war ich aber gerade auf eine Veranstaltung über Mystik im Netz. Da ging es erstmal eine Dreiviertelstunde lang um Mystik ohne einen wirklich relevanten Bezug zum Netz. Dann kamen ein katholischer und ein "evangelische Kirchensteuer zahlender" (Zitat) Professor aufs Podium und begannen tatsächlich mal übers Netz zu reden und Beispiele von "Mystik" im Netz zu schildern.

Was sie tatsächlich beschrieben hatte relativ wenig mit echter Mystik zu tun, ja nicht einmal "Spiritualität", sondern es ging um religiös aufgemotzte, tw. auch überhöhte Internetseiten, -communitys und -foren. Auch ein interessantes Thema, aber nicht das, was ich erwartet hatte. Ich hatte die Frage erwartet, wie Mystik im Netz präsentiert werden kann und ob es möglich ist, über das Netz (als Medium) mystische Erfahrungen zu vermitteln. Die Ansätze, die es dazu gab, gingen jedoch sofot dazu über, das Medium als die Message zu betrachten: Das Netz ist mystisch, denn es ermöglicht eine vom Körper und der materiellen Realität gelöste Erfahrung. Holy Moses!

Klar kann man auch darüber diskutieren, und wenn man das auf vernünftigem Niveau täte, wäre das auch sicher interessant. Aber von den technischen Hintergründen, dem Stellenwert der als Beleg angeführten Internetphilosophen und den seit mindestens 9/11 deutlich ins Dunkel getauchten frühen Internetutopien (die, wie Florian Rötzer, Chefredakteur von Telepolis, auf einer gestrigen Veranstaltung feststellte, zwar nicht völlig obsolet sind, aber doch einen ganz anderen Schwung gefunden haben, nämlich statt das Real Life ins Netz aufzulösen, das Netz per augmented reality ins Real Life zu integrieren) hatten die offenbar keinen blassen Schimmer. Daß kein einziges Beispiel aus dem Web 2.0 auftauchte, daß jegliche Multimedialität unter den Tisch viel (der Evangele: "Fernsehen ist katholisch, das Internet evangelisch, denn katholisch = Bilder und Angst vor dem Wort, evangelisch = Wortzentriert") paßt da super ins Bild.

Als der Katholik ganz vorsichtig darauf hinwies, daß in der Literatur auch die entgegengesetzte Auffassung vertreten wird (Vielfalst, ja Heterogenität des Netzes => Vielfalt der Frömmigkeit, gerade auch der Volksfrömmigkeit, d.h. Vielfalt der Gotteszugänge im katholischen Glauben) wurde der Kirchensteuerprotestant plötzlich polemisch und zog über die hierarchische Kirchenstruktur her, die man ins Netz nie reinkriegen könnte. Was ist denn bitte noch hierarchischer als das Internet? Jede URL ist hierarchisch aufgebaut, die Verwaltungsstruktur ist hierarchisch (wahrscheinlich hätte der Kerl die ICANN für einen Treinkgefäßeproduzenten gehalten), selbst mit der DENIC ist (mit Ausnahme der paar Privilegierten) nur über Zwischenhändler Kommunikation möglich. Das einzige, was im Netz tatsächlich "anarchisch" ist, das ist die Vielfalt der Seiten, jeder Hansel kann seine eigene Seite ins Netz stellen, seine eigene Religion gründen (ob er damit aber auch wahrgenommen wird, ist aber eine andere Frage, die der Typ auch nicht thematisierte).

Er selbst spach von einem Individualisierungsschub, was ja zweifellos nicht ganz falsch ist. Die aber einseitig mit dem Protestantismus in Verbindung zu bringen, implizit der katholischen Kirche Vermassung vorzuwerfen, ist doch hahnebüchener Unsinn (auch wenn das Heike Schmoll in der FAZ auf etwas höherem Niveau auch regelmäßig tut). Der soll mal das eine oder andere Buch unseres Papstes lesen: Nichts ist für ihn schlimmer als die Vermassung. Aber er sieht eben auch das andere Extrem: die Vereinzeilung. Was nutzt dem Individuum seine Individualität, wenn sie zu totaler Einsamkeit führt? Jeder Mensch sucht (auch) die Gemeinschaft, sei es in der Blogoeszese, Facebook oder auf dem ÖKT (jedem wie's beliebt). Da spiegelt das Netz tatsächlich eher Katholizität: Die (hierarchische) Struktur ist das eine, und sie ist notwendig. Aber sie ist nichts, wenn sie nicht gefüllt wird! Und gefüllt wird sie nicht durch lauter prästabilierte Monaden, sondern durch Gemeinschaft! Wollen wir hoffen, daß "Communio und Community" morgen besser wird!

ÖKT, der zweite Tag

Im großen und ganzen hatte ich heute einen angenehmen Tag. Das Pontifikalamt im Dom war gut besucht, kam ohne allzu große liturgische Verrenkungen aus, und selbst das lateinische Credo führte nicht zu offensichtlichen Protesten. Im Gegenteil, es sangen in meiner Umgebund sogar einige /auswedig/ mit. Vielleicht ist 8:30 für den homo affirmationis concilii einfach zu früh, oder er protestierte bereits durch sein demonstratives Fernbleiben. Das wäre dann allerdings nicht aufgefallen, denn es gab in der ganzen Kirche auch kaum noch Stehplätze. Soviel zu der Behauptung, die Domkirchen seien schon immer viel zu groß und nie wirklich gefüllt gewesen. Merkwürdig war aber, daß die Kommunion (auf die ich schließlich verzichtete, weil ich als Nicht-Händchen-Hinhalter einfach nicht wahrgenommen wurde) immer noch gespendet wurde, als der Zelebrant schon lange ausgezogen, die letzten Töne des Schlußliedes verklungen waren und die Massen bereits nach draußen strömten...

(BTW: Ist es in Bayern eigentlich üblich, nach einer Messe in der Kirche Brotzeit zu halten?! Ich war einigermaßen irritiert, als da gleich mehrere Brote, Kaffe und Kuche auspackten...)

Der weitere Tag war zwar nicht perfekt, aber doch ganz ordentlich. Keine Irrlehren, keine unnützen Konfessionskleinkriege, halbwegs sachliche Diskussionen mit Substanz (um kontroverse Themen habe ich vorsorglich einen großen Bogen gemacht), und von Käßmann habe ich erst aus den Nachrichten erfahren (und hey, der Papst hatte gut fünfmal soviele Zuhörer wie es überhaupt Kirchentagsbesucher gibt!).

Apropos Nachrichten: Junge, Junge, Junge! Käßmann und Mißbrauch, auf BRalpha auch noch WsK'lerinnnen, die den Gemeinden zeigen wollen, wie man Brot ohne Priester teilen kann (*kopfschüttel*). Da bin ich doch froh, selbst hier zu sein und zu sehen, daß das auf dem ÖKT völlig untergeht, wenn man nicht zufälligerweise dabei ist. Zum Glück kann das mein Bild der Massenmedien gar nicht mehr erschüttern, denn eigentlich habe ich nichts anderes erwartet.

(Ich frage mich allerdings, woran das liegt. An Böswilligkeit glaube ich ehrlichgesagt nicht, denn man sollte nie Böswilligkeit annehmen, wo "Dummheit" als Erklärung völlig ausreicht. Können die das überhaupt besser wissen? Woher denn? Wenn schon innerkirchlich kaum was anderes Chance auf Gehör hat?)

Mittwoch, 12. Mai 2010

ÖKT has started

Ich hatte das Glück, den Eröffnungsgottesdienst mit einem kleinen Lästermaul verbringen zu dürfen. Das hat einiges erträglicher gemacht, vor allem die Musik. Seit der evangelische Landesbischof Friedrich dann auf das Kirchentagsmotto anspielend davon sprach, daß er vermute, nicht alle Anwesenden teilten seine Hoffnung, nämlich die auf die Auferstehung und das ewige Leben, bin ich sogar bereit, der Ökumene wieder den Kredit zu geben, den sie für mich auf dem ÖKT 2003 in Berlin (endgültig) verspielt hatte. Da war ich mit der Hoffnung auf harte, aber faire Auseinandersetzung hingefahren, wie ich sie aus dem Internet kannte. Mehrere Veranstaltungen zu kontroversen Themen zeigten mir aber: Es ging "den anderen" um Durchsetzung ihrer Interessen bei völligem Übergehen des katholischen (und orthodoxen!) Selbstverständnisses (die Orthodoxen gingen damit aber sehr viel entspannter um und gönnten sich die Arroganz des "wir sind wir, wer seid ihr denn schon?", während die meistenKatholiken jeden Angriff mit Demutsgesten und Unterwürfigkeitsadressen beantworteten). Der Höhepunkt war damals beim Warten auf den Zug zurück auf dem Bahnhof Lichtenberg. Da steigerten sich zwei Protestanten dermaßen in ihre restriction mentalis "Amtskirche ist doof und unterdrückt, was alle Katholiken doch eigentlich wollten", daß mir der Kragen geplatzt ist. Daß ein Katholik tatsächlich gegen das gemeinsame "Abendmahl", Frauenordination und Zölibatsaufhebung sein konnte, war für sie eine völlig neue Information für die beiden. Ja, zugegeben, jetzt wo ich das nochmal Revue passieren lasse, liegt das Problem wohl tatsächlich eher bei uns...

Nunja, zurück zu heute, zurück zur Musik. Das Motto lautet ja "Damit ihr Hoffnung habt". Den Ansatz, die Hoffnung in Kontrast zur erfahrenen Realität zu stellen, finde ich durchaus gut, die Umsetzung aber war katastrophal. Ganz davon abgesehen, daß mich das gesprochene "Krieg", "Hunger", "Durst" an den Diener von König Pumponell in der Augsburger Puppenkistenversion von Urmel aus dem Eis erinnerte, und für mich die musikalische Umsetzung viel zu harmlos war, stand die "Hoffnung" vor allem musikalisch in einem völlig unvermittelten Kontrast zum Bösen. Als ob das Böse durch den glauben einfach verschwinden würden! Als ob die ganze Realität einfach bloß hell und licht würde, nur weil ich glaube! Nein, der Auferstandene trägt die Wundmale, das Böse wird nicht einach vernichtet, sondern es hinterläßt auch im Glauben, auch nach der Auferstehung seine Spuren -- aber es wird nicht mehr als hoffnungslos, als nur Böses erfahren. Das ließe sich aber auch musikalisch umsetzen! Warum aber spielt man lieber nach einer klassisch gesungenen Strophe eine verswingte Big Band-Version von "Wer nur den lieben Gott läßt walten" als die herausfordernde Spannung zwischen melancholischer (aber nicht hoffnungsloser!) Melodie und hoffnungsvollem Inhalt auszuhalten?! Vielleicht liegt hier ja eines der Grundprobleme: Der Wunsch nach Heil ohne Anstrengung, nach billiger Gnade, danach, aufopfernde Mutterliebe zu erfahren, ohne sie selbst leben zu müssen.

Montag, 10. Mai 2010

Haben wir eigentlich noch Osterzeit?!

Der Pfarrer trug weiß. Das war aber auch schon fast alles, was gerstern noch an Ostern erinnerte (gut, die Lesung aus der Offenbarung des Johannes indirekt ja auch). Ansonsten war schon Pfingsten angesagt, während in der Nachbarkirche Erstkommunion gefeiert wurde -- und das nur, weil im Evangelium was vom anderen Beistand gesagt wird? Irgendwie ist mir das zu historisierend. Wenn wir in der Osterzeit, also nach Ostern, einen Text hören, der natürlich auf Pfingsten verweist, aber aus den Abschiedsreden stammt, dann will der Text doch wohl etwas komplexer interpretiert werden als nur auf Pfingsten, zumal ja auch die erste Lesung aus der Apostelgeschichte (wurde uns vorenthalten) über das Apostelkonzil nochmal einen ganz bestimmten Aspekt des Heiligen Geistes in den Vordergrund stellt.

GL Nr. 642 paßte natürlich auch irgendwie ganz gut zu der Lesung (die Apg wurde uns vorenthalten, ging ja "nur" ums Apostelkonzil...), und ich singe dieses Lied auch unheimlich gerne. Wobei das Lied ja unter "Kirche" einsortiert ist. Wenn die Kirche mit dem himmlischen Jerusalem identisch sein sollte, würde ich in der gegewnärtigen Situation wohl auch stehenden Fußes vom Glauben abfallen. Wer weiß, in wievielen Köpfen diese Identifikation noch besteht...

Aber Nr. 642 und Nr. 225 waren die einzigen beiden Lieder mit wenigstens indirektem Osterbezug (soviele singt man selbst im durchschnittlichen Requiem). Der Pfarrer ließ zudem das doppelte Halleluja bei der Entlassung weg, und das marianische Schlußlied war auch nicht gerade Regina Caeli. Dagegen war ja der Dienstag nach dem Weißen Sonntag geradezu von überschwänglicher Osterfreude geprägt. Wir sind offenbar schon wieder im Alltag angekommen. Hält Ostern nur so kurz vor?

Freitag, 7. Mai 2010

Ein Lesetipp für alle Rock'n'Roller

Am späten Abend stieß ich in der gestrigen FAZ auf einen wunderbaren Artikel auf der allerletzten Seite der Reiseblattbeilage, den ich nur empfehlen kann. (Leider gibt es ihn nicht online, bzw. nur im FAZ-Archiv: Petra Putz: "Ich bin neunzig! Das ist mein Geburtstagsgeschenk"; FAZ, 6. Mai 2010, S. R10.)

Petra Putz berichtet hier mit viel Witz, vor allem aber Einfühlungsvermögung und Liebe, von der Fahrt zu den Passionsspielen im Jahr 2000 als Begleiterin ihrer damals 90jährigen Großmutter. Die äußeren Umstände -- lauter Langhaarige, Regen, Matsch, Lehm --, die ihr den Zugang über die eigene Erfahrung (Rockfestivals) ermöglichten, vor allem aber die geradezu jugendliche Begeisterung ihrer Oma ("Meine Oma neben mir sah die Helden ihrer Jugend. Mit geradem Rücken verfolgte sie jede Geste, jedes Wort auf der Bühne. [...] Hellwach entging ihr kein Detail der 'Geschichte des Leidens und Sterbens Jesu', die sie offenbar so gut kannte wie bekennende Dylanologen die Setliste aller Konzerte der letzten drei Jahrzehnte."), hat ihre Einstellung zu Oberammergau und mutatis mutandis auch zur Bibel verändert. Der Bericht schließt:
"Meine Oma ist vor zwei Jahren gestorben. Mit 98 Jahren. Nicht weil sie krank war, sondern weil sie nicht mehr leben wollte und die Sehnsucht nach ihren Helden zu groß geworden war. Wenn ich das nächste Mal zur Passion fahre, werde ich vorher ausgiebig die Bibel studieren. Seit Oberammergau weiß ich, dass jedes Festival Spaß machen kann -- man muss nur mit eingefleischten Fans hinfahren und die Texte kennen."
Wer es irgendwie hinkriegt, diesen Artikel in die Finger zu bekommen: unbedingt lesen! Es lohnt sich.

Montag, 3. Mai 2010

Papsttreue Trolle

In den letzten Monaten hat man sich ja an so einiges gewöhnt. Trotzdem geht es offenbar immer noch tiefer. Heute bekam ich eine Hatemail von einem angeblich papsttreuen Katholiken, der ganz genau wußte, daß es an meiner Unzulänglichkeit liegt, daß so viele Katholiken aus der Kirche austreten. Ich schnall echt ab! Aber klar, ich war ja schon immer so wichtig, daß sich die ganze Welt um mich dreht. Wie schizo ist das denn?! *kopfschüttel*