Mittwoch, 23. Februar 2011

*Patsch*

Kinners, dat muß man sich auf der Zunge zergehen lassen:
N[orbert] K[ebekus]: Memorandum und Petition haben ja nicht nur eigene Websites. Diskussionen über die beiden Texte spielen sich in sozialen Netzwerken und in Blogs ab. Wie wichtig ist das “Social Web” für Ihre Anliegen und darüber hinaus für die Dialoginitiative?

Franca Spies, Peter Hohler [Memorandum]: Die Funktion des Internets erleben wir als ambivalent. Polemische Beiträge zeigen uns, dass sich das Internet für tiefere Diskussionen, die ein emotionales Thema behandeln, nicht eignet. Hier werden Diskussionen nicht auf angemessenem Niveau und in der gebotenen Sachlichkeit geführt. Grund dafür scheint zu sein, dass Anonymisierung und ein fehlendes Gegenüber, das direkt wahrnehmbare Reaktionen auch auf emotionaler Ebene zeigt, die Hemmschwelle für Polemik und Beleidigung senken. Als Medium, über das Information verteilt und ein Bildungsauftrag erfüllt werden kann, halten wir das Internet hingegen für sehr geeignet.

Peter Winnemöller (Petition): Im „Social-Web“ sehe ich ein große Chance, einen Meinungsbildungsprozess auch unabhängig von etablierten Medien zu betreiben. In den katholischen Weblogs wird z.B. regelmäßig sowohl über die Petition als auch über das Memorandum berichtet. Natürlich werden hier Meinungen viel dezidierter vertreten, als in den Medien der großen Verlagshäuser, doch das darf und soll auch so sein.

Die Vernetzung untereinander bewirkt auch, dass es Berührungspunkte mit Vertretern anderer Meinungen gibt. Dabei zeigt sich oft, dass es nicht nur Schwarz und Weiß gibt. Es gibt punktuelle Zustimmung und punktuelle Ablehnung, dies kann uns vor Lagerbildung bewahren, die wie ein Damoklesschwert über dem angestrebten Dialog schwebt. Auch wenn ich selber im Augenblick kaum dazu komme, mit dem einen oder anderen in eine Diskussion zu treten, so nehme ich genau das bei vielen, mit denen ich vernetzt bin, deutlich wahr. Beeindruckend empfinde ich die völlig undiplomatische Ehrlichkeit, mit der die Positionen vertreten werden.

[...]

N.K.: Bei Facebook vernetzen sich jeweils die Memorandum-Unterstützer und die Petition-Befürworter. Die beiden “Lager” bleiben aber weitgehend unter sich. Es wird eher nicht mit den anderen geredet, sondern übereinander. Welche Orte des Dialoges sehen Sie im Internet? Oder: welche Orte müssten noch geschaffen werden?

Franca Spies, Peter Hohler: Das Internet dient unserer Ansicht nach in erster Linie der Informationsverbreitung und ist ein ungeeignetes Medium für Diskussionen. Solange Emotionen nur sehr eingeschränkt und nicht in Echtzeit übermittelt werden, kann im Internet kein Ersatz für echte zwischenmenschliche Diskussion geschaffen werden.

Peter Winnemöller: Ich sehe eigentlich nicht, dass die „Lager“ so streng getrennt sind. Jedenfalls habe ich niemanden aus meiner Facebook-Freundesliste gekegelt, weil er das Memorandum unterstützt. Sicher kommunizieren die einzelnen Gruppen nicht miteinander. Aber das tun ja schließlich die Fangruppen von Borussia Dortmund und FC Schalke auch nicht. Orte des Dialoges im Internet sind dann eher die eigenen Profilseiten, Internetforen und Kommentarbereiche von Weblogs.

Social Media als "Informationsverbreitungsinstrument"? Wofür steht denn wohl das "social" in "social media"? Für Massenkommunikation? Argbl, kein Wunder, daß aneinandervorbei dialogisiert wird.

Sonntag, 20. Februar 2011

Die Unterschreiberitis

Ich hatte noch einen sachlichen Artikel versprochen, und hier soll er kommen, bevor das nächste kranke Kind zu hüten ist (deutet sich schon mehr als nur an...). Und zwar will ich begründen, warum ich nicht unterschreibe, weder die Petition, noch das Memorandum. So ganz klar auf den Punkt bringen kann ich es noch nicht, aber ich hoffe, es wird ungefähr deutlich, worum es mir geht.

Das Memorandum hat mich gleichermaßen gelangweilt wie geärgert. Das einzig Spannende war die Frage, wieviele es von meinen geschätzten Lehrern unterschrieben haben (vier, was weniger als befürchtet waren; aber da ich Absolvent der anscheinend einzigen Fakultät bin, die geschlossen nicht unterschrieben hat, stammen die Unterschreiber allesamt aus meinem Freijahr, und ja, ich kann bei zumindest zweien gut nachvollziehen, warum sie unterschrieben haben, und sehe in diesen Gründen keinen Angriff auf meine Positionen, eher im Gegenteil; eine weitere Unterschrift hat mich schlicht gewundert und der vierte Professor gehört eigentlich nicht zu meinen geschätzten Lehrern...). Warum es mich geärgert hat, hat bereits Walter Kardinal Kasper auf den Punkt gebracht. Erfreulich ist, daß in den FAZ-Leserbriefen dazu nur mäßig polarisiert wurde, ja geradezu zustimmend die Überwindung der Spaltung in der Kirche (auch wenn sie teilweise an m.E. falscher Stelle gesehen wurde) gefordert wurde -- und zwar von Vertretern, die erkennbar "gegnerischen" Lagern zuzuordnen wären. Es geht aufwärts.

Auf der anderen Seite fühle ich mich den Anliegen der Petition durchaus verbunden. Auch freue ich mich darüber, hier einige Namen aus meinem näheren Umfeld wiederzufinden (und das nicht einmal hauptsächlich aus der Blogoezese). Und manche völlig undialogische Reaktion der "Memorandumseite" hat mich fast dazu gebracht, mit zu unterschreiben. Ich habe es letztlich aber nicht getan, weil mir bei der Reflexion über mein Unbehagen bewußt geworden ist, daß ich eine Unterschrift ekklesiologisch nicht vor mir rechtfertigen könnte.

Okay, das ist jetzt ein wenig zu geglättet formuliert und klingt nach rein persönlicher Authentizität. Nein, so banal ist es nicht, ich denke tatsächlich, daß sich in dieser Unterschreiberitis (auf beiden Seiten!) ein ekklesiologischer Irrtum ausdrückt. Wovon ich rede, ist die Anwendung politischer Mittel im innerkirchlichen Diskurs (ich brauche keinen Dialog, ein vernünftiger Diskurs -- will heißen: niemand spricht dem anderen das Recht ab, seine Meinung vertreten zu dürfen -- würde mir schon völlig ausreichen, aber das ist -- wiederum auf beiden Seiten! -- keineswegs selbstverständlich).

Als ich das erste Mal gelesen habe, Politik könne als die Technik zur Machterlangung und -erhaltung verstanden werden, war ich ernsthaft entrüstet. 13 Jahre lang wurde mir eingetrichtert, in der Demokratie könne jeder gleichermaßen seine Meinung einbringen, jede Stimme sei gleich viel wert (heute weiß ich: allenfalls gleich wenig). Zugleich lernte ich den Wert rationaler Argumente zu schätzen und den Glauben daran, das beste Argument werde sich schon durchsetzen. Tja, humanistisches Jesuitengymnasium halt.

Ja, das wäre alles sehr schön, aber die Welt, sie ist nicht so. Dort geht es darum Mehrheiten zu organisieren, Abstimmungen zu gewinnen und Interessen durchzusetzen (= Parteiführung, Stimmvieh und Lobbyarbeit). Je länger ich die Politik beobachte, um so mehr bestätigt sich ihr Verständnis als besagte Technik. Im Augenblick rede ich mir noch ein, das wäre nicht immer so gewesen. Ich kenne auch noch genug Leute, die meinen, es sei immer noch nicht so (sie werden aber immer weniger). Vielleicht liegt es daran, daß ich älter werde, an Erfahrung reife und mehr Durchblick gewinne; vielleicht liegt es auch daran, daß ich mich den falschen Einflüssen (von Metal über Telepolis bis zur FAZ) aussetze. Jedenfalls ist das mittlerweile meine Überzeugung, was Politik (wirklich) ist.

Nach einem Wort unseres Papstes ist Macht (nicht Haß) das eigentliche Gegenteil von Liebe (Joseph Ratzinger: Eschatologie – Tod und ewiges Leben; Leipzig: Benno, 1981 [DDR-Lizenzausgabe], 81). In der Kirche sollte es aber um Liebe gehen, nicht um Macht, und daher soll es keine Parteiungen geben. Daher stellt sich mir die Frage, ob uns die Unterschreiberitis nicht genau das beschert und vertieft, was sie eigentlich überwinden will, nämlich die Kirchenkrise. Dabei geht es mir nicht um die öffentliche Wirkung (Katholiken sind zerstritten), die sollte uns bei der Wahrheitssuche herzlich egal sein (und das scheint sie dem Heiligen Stuhl und den meisten Bischöfen auch zu sein), und ich will auch niemanden, der unterschrieben hat, angreifen. Ich unterstelle allen Beteiligten, sowohl den Memorandern als auch den Petitionern an sich guten Willen und ernsthafte Sorge um die Kirche (wobei wir uns eigentlich nicht um die Kirche sorgen sollten, sondern um die vielen de facto Nicht-Glaubenden, die der Kirche angehören). Und ja, ich nehme auch zur Kenntnis, das insbesondere die Initiatoren der Petition genau das hier angesprochene Problem sehen und dagegen argumentieren, es ginge nicht um Mehrheiten, sondern darum, den Bischöfen ein Zeichen zu geben, es gäbe da auch noch andere Meinungen. Wenn ich aber sehe, wie de facto ständig die Zahlen verglichen werden, komme ich doch ein wenig ins Grübeln...

Jedenfalls tragen beide Unterschriftenlisten (und auch die für so viele andere Anliegen, vom Kirchenvolksbegehren bis zur Petition zu den Ausführungsbestimmungen von Summorum Pontificum) nicht dazu bei, verschiedene Standpunkte in Austausch miteinander zu bringen, sondern sie vertiefen die Parteiungen, die im eigenen Saft schmoren. So geht es nicht weiter, denn so wird nie jemand "die andere Seite" besser zu verstehen beginnen. In der Kirche, der katholischen zumal, sollte jede Stimme zählen, egal ob sie auf breite Zustimmung stößt oder ob sie abstrus oder verzagt wirkt. Katholizität orientiert sich an der Wahrheitssuche, der Katholik sollte immer in Betracht ziehen, daß er sich auch irren könnte und niemals die volle Wahrheit erkannt haben kann, so daß er von abweichenden Erfahrungen lernen kann.

Wahrheitssuche geht eben nicht durch Organisieren von Mehrheiten, sondern durch das Zueinander von ganz unterschiedliche Erfahrungen mit Gott, mit der Welt und mit anderen Menschen. Jede dieser Erfahrungen ist wichtig und sollte bei Entscheidungen berücksichtigt werden. Genau das ist das Prinzip von Synodalität, von Konzilsentscheidungen: moralischer Konsens (weitgehende Einigkeit). Synodalität setzt aber voraus, daß jeder seine Meinung sagen kann und jede Meinung auch ernstgenommen wird. Dagegen ist ein Widerspruch, durch große Zahlen und Verbandsvertretungen eine Einheitlichkeit herzustellen, bei der scheinbar abseitige Meinungen unter den Tisch fallen. Jeder Katholik hat das Recht, sich an seinen Bischof oder den Papst zu wenden. Aber er sollte es niemals gegen etwas oder jemanden machen, sondern immer für die Wahrheit -- und sich der späteren Entscheidung des Hirten unterwerfen, selbst wenn sie ihm nicht passen sollte. Alles andere führt zu Entindividualisierung und Vermassung: nur noch Teil einer anonymen Masse sein.

Eine Antwort...

an .U., die einfach zu lang für den Kommentarbereich wurde:
"Ich habe zum Einen deinen Post gelesen (das mit den Löwen), zum anderen hat Metal, zumindest in einigen Subgruppen, eine starke Nähe zum Satanismus, und dieser Gruppe werden z.B. auch Kirchenbrandstiftereien zur Last gelegt.

Du schreibst ja selber, dass bei dem, was du hörst, der Inhalt zur Musik passe."
Ah, jetzt verstehe ich. Du vermischst verschiedene Ebenen. Die eine ist mein Konzertbesuch am Freitag, die andere ist die Frage, ob ich als guter Katholik überhaupt Metal hören darf. Ich würde darum bitten, daß wir diese Ebenen entsprechend trennen. Deine Augangsfrage war, wieso ich mit meinem Eintrittsgeld antichristliche Propaganda unterstütze, und ich habe bestritten, das getan zu haben. Darauf hast Du, wenn ich es mal ein wenig überzeichnen darf, gesagt, alle Metaller seien antichristliche Satanisten. Jetzt hast Du es auf einige Subgruppen eingeschränkt. So kommen wir nicht weiter. Ich bestreite nicht, daß es problematische Aspekte im Metal gibt. Daß es dort ein paar Bekloppte gibt, hält mich jedoch genausowenig davon ab, mich dort wohlzufühlen, wie WisiKis und Konsorten mir mein Katholischsein verleiden können.

1. Konkret zum Freitag: Sodom haben mal als "satanische" Band angefangen, das ist aber bald drei Jahrzehnte her, war nie ernstgemeint und hatte sich dementsprechend schnell totgelaufen. Sie haben ein sehr entspanntes, selbstironisches Verhältnis zu ihren Ursprüngen, die Musik war und ist wichtiger. Was Die Hard angeht: Wie Du auf der Eintrittskarte sehen kannst, wußte ich bis zum Konzert nicht einmal, wer die Supportband ist. Darüber hinaus wäre mir "Die Hard" auch kein Begriff gewesen. Die Encyclopaedia Metallum läßt auch nicht erkennen, daß antichristliche Themen bei ihnen im Vordergrund stünden.

Damit sind wir bei meiner Antwort "das ist bei genauerer Betrachtung gar keine Propaganda". Mein Fremdwörterlexikon definiert Popaganda als:
"1. systematische Verbreitung politischer, weltanschaulicher o.ä. Ideen und Meinungen mit massiven publizistischen Mitteln mit dem Ziel, das allgemeine politische Bewußtsein in bestimmter Weise zu beeinflussen. 2. Werbung, Reklame (bes. Wirtsch.)."
Dafür sind zwei Lieder im letzten Drittel des Sets, die zudem noch bei genauerer Betrachtung rein beschreibend sind und das Beschriebende so gut es geht nicht bewerten, einfach zu wenig. Hinzu kommt, daß Metaller in der Regel einen Hang zu selbständigem Denken haben, das sich zwar gerne in seinen Vorurteilen (insofern sind solche Songs durchaus evangelisatorische Anknüpfungspunkte) bestätigen, aber sich nicht von Bands vorgeben läßt, was es zu Denken hätte. Also: Die, die sich von dem antichristlichen Gehabe beeinflussen lassen, hatten diese Einstellung schon vorher, die anderen werden dadurch nicht antichristlicher. Zumal die Ankündigung des Songs eigentlich einen Selbstwiderspruch enthält: Das starke römische Reich habe versucht, die schwachen Christen auszurotten (wovon der Song handele). Komischerweise ist das römiche Reich untergegangen, die Christen gibt es immer noch. Da müßte man sich mal über Stärke und Schwäche unterhalten... -- Warum ich das überhaupt erwähnt habe: Ausgerechnet diese beiden Songs waren die einzigen, die mir musikalisch überhaupt gefallen haben, der Rest war in meinen Ohren einfaches Rumgeschrammel.

2. Wenn ich schreibe, daß Inhalt und Musik für mich zusammenpassen müßten, und Du daraus schließt, daß die Texte der von mir bevorzugten Musik alle satanistisch seien, dann hieße das im Umkehrschluß, daß die Musik Deiner Meinung nach selbst satanistisch sei. Dann könnte man daraus aber auch nicht mit christlichen Texten White Metal machen. Dann wäre die Musik immer noch satanistisch, und die Texte würden nur darüber hinwegtäuschen. Das ist übrigens das Argument von niemand geringerem als Joseph Ratzinger (wobei er nicht so sehr von "satanistisch" spricht, sondern vielmehr eine gnostische Selbsterlösungsstruktur andeutet). Er bezieht das allerdings auf sämtliche Pop- und Rockmusik. Dieses Argument würde ich grundsätzlich gelten lassen, es jetzt hier auszudiskutieren würde aufgrund der vielfältigen theologischen, philosophischen und soziologischen Voraussetzungen, die es hat, den Rahmen sprengen. Nur soviel: Es läßt sich kaum widerlegen, aber auch nicht bestätigen. Es hängt daran, ob man die Voraussetzungen akzeptiert/teilt oder nicht, und ob man in der soziologischen Praxis eine Bestätigung findet.

Ich teile es jedenfalls nicht. Aber ich betreite auch nicht, daß Metal Böses musikalisch verarbeitet. Jedoch verherrlicht er das Böse in der Regel nicht, sondern stellt es einfach bloß dar, um es künstlerisch als Böses darzustellen. Es geht um eine Auseinandersetzung mit dem Bösen, die durch musikalische Mittel auch auf die emotionale Ebene gebracht wird. Rein rationale Auseinandersetzung mit dem Bösen, das aus sich selbst heraus irrational ist, verkennt das eigentlich Gefährliche am Bösen, nämlich seine emotionale Wirkung, es bekämpfen zu wollen, was bloß zu einer Reproduktion des Bösen führt, weil das Böse nicht durch Vernichtung zu bekämpfen ist; immer kann nur der Träger des Bösen vernichtet werden, nicht aber das Böse selbst, das eben gerade in einem Mangel an Guten und an Sein besteht.

Genau deshalb halte ich Metal für etwas Gutes und eine theologische Herausforderung. Genau diese emotionale Seite des Bösen ist in einer einseitig rationalen Theologie unter den Tisch gefallen -- was eine der Ursachen sein dürfte, daß viele Bestandteile der kirchlichen Lehre, die als ganze Antwort auf das Böse ist (KKK 309), heute vielen nicht mehr verständlich erscheinen: Ablaß, Abtötung, Askese, Beichte, Buße, Dämonen, Erbsünde, Fegefeuer, (Jüngstes) Gericht, Hölle, Konkupiszenz, Reue, Schuld, (läßliche/schwere) Sünde, zeitliche Sündenstrafen, Teufel, Todsünde, Vergebung, Versuchung und Wiedergutmachung zum Beispiel.

Soweit das Grundsätzliche. Im Speziellen weist der Metal natürlich auch immer wieder problematische Aspekte und Entwicklungen auf. Allerdings ist das mit den Kirchenbrandstiftungen nun doch schon ungefähr 15-20 Jahre her, und der Hauptverantwortliche für das Überschreiten der Grenze hat die meiste Zeit davon im Gefängnis verbracht. Zwar gibt es alle paar Jahre ein paar pubertierende Jugendliche, die das toll finden und nachmachen wollen, aber im großen und ganzen hat "der Metal" diese Taten damals bereits verurteilt und verurteilt sie heute noch um so entschiedener. Ausgenommen der NSBM, der aber schon in seinem Titel eine weltanscheulich-propagandistische Grundausrichtung aufweist. Und nein, den unterstütze ich genausowenig wir Gaahl, der meint, gegen die christlichen Kirchen sei Krieg zu führen:
"Wir müssen jede Spur der semitischen Religionen, vor allem vom Christentum, vom Islam und vom Judentum auslöschen. Es handelt sich dabei wirklich um eine Krankheit, die hier nicht hingehört und keine Daseinsberechtigung hat – sie gehört einfach nicht zu uns. Es sollte ihr nicht erlaubt sein, uns mit ihrem Licht an ihre Werte zu erinnern, sondern sie sollte ausgelöscht werden." (Wanzek, Thor: Gorgoroth. Gorgoroth-Interview. Im Kampf mit der Welt und mit sich selbst ; in: Legacy. The Voice from the Dark Side, Nr. 43 (Juni/Juli 2006), 18–20.)
[Anmerkung am Rande: Kann sein, daß das alles nur zur Konstruktion eines Images gedient hat, seit sich Gaahl als homosexuell geoutet hat, ist er sehr viel ruhiger geworden -- macht die Aussage natürlich keinesfalls besser.]

Schließlich bleibt noch eine allgemeine Erfahrung anzumerken, nämlich die Nicht-Entsprechung von Bühnen und Backstage-Verhalten. Besonders kraß etwa bei Darkened Nocturn Slaughtercult: Auf der Bühne ziehen sie eine pseudo-okkulte Schweineblutshow ab, die mit esoterisch-magischen Versatzstücken garniert wird, abseits der Bühne sind sie völlig normale Menschen, die ihre Bühnenshow für genauso "true" halten wie Alice Cooper (wie überhaupt Black Metal mal sehr treffend als "Wagner meets punk rock, dressed as Alice Cooper" bezeichnet wurde). Oder Asega, der Frontmann der ach so satanischen Black Metal Band Lugubre (Niederlande), der während des Gigs das arrogante Arschloch raushängen ließ, nach dem Abschminken aber freundlich lächelnd durchs Publikum streifte, alle Bekannten herzlich umarmte und im großen und ganzen den Eindruck eines großen, lieben Teddybärs machte (also völlig untrü -- warum er was gegen das Christentum hat, steht übrigens hier; die darin enthaltene Gesellschaftskritik teile ich übrigens, sehe aber eine andere Ursache, nämlich gerade einen Verlust an christlichem Glauben). Oder verallgemeinert gesagt, man sollte auch bei Metalbands in der Lage sein, zwischen künstlerischer Darstellung und Ansichten des Künstlers zu trennen.

Samstag, 19. Februar 2011

Babelfishen mit Google

Nachdem ich über diesen Post gestolpert war, habe ich es auch mal versucht. Jemand 'ne Idee, was ich übersetzen ließ:
"Und im gleichen Artikel in den geheilt und die katholische Kirche sehr viel ist, dass wir uns festhalten, obwohl überall, weil er immer hatte, da sie alle Kosten glaubten hatte."

Kein Kindergarten

Daß es in letzter Zeit "etwas" ruhiger bei mir war, obwohl im katholischen Internet mal wieder der Bär steppt, hatte etwas unangenehme Gründe -- zu den unumgänglichen beruflichen Verpflichtungen gesellten sich in der vergangenen Woche auch noch eine kranke Tochter und eine mobilitätseingeschränkte Ehefrau. Mittlerweile nähert sich alles wieder dem Normalzustand, wenn man von meinem Schlafpensum einmal absieht. Da man sich aber nicht aussuchen kann, wann eine der großen deutschen Thrash Metal-Bands mal in die Provinz nach Thüringen kommt und ich wohlweißlich zur Selbstverpflichtung eine Karte im Vorverkauf erstanden hatte, bin ich nun gerade von einer endorphingeschwängerten Sodom-Erfahrung zurückgekehrt.

Eigentlich erstaunlich, das war mein erstes Konzert in dieser Wintersaison: Bisher hat entweder der Headliner abgesagt oder es lag zuviel Schnee, um den Weg nach Jena verantwortet angehen zu können (wer konnte schon wissen, ob die Bahn noch fährt, wenn man nachts um viertel zwei wieder zurück will?). Diesmal lag aber weder Schnee noch hat der Headliner abgesagt, außerdem war das Konzert sowieso in Erfurt.

Im Grunde geht mir Thrash Metal ziemlich am Allerwertesten vorbei, wenn man mal von der Varianten "europäischer Power Metal" und "Bandname beginnt mit S" (Slayer, Sepultura) absieht. Sodom war hingegen bei genauerer Betrachtung -- nicht nur wegen beginnender Entzugserscheinungen -- Pflichtprogramm, obwohl ich nicht ein Album von Herrn "Angelripper" besitze. Es begann mal wieder mit dem allseits beliebten Spiel "auf der Karte steht Beginn 20:00, auf der Website 21 Uhr, wann fangen sie wohl tatsächlich an", aber da die Vorband "Die Hard" im wesentlichen entbehrlich war, machte es auch nichts, daß die Angabe auf der Karte offenbar näher dran war. Als ich salomonisch geurteilt habend gegen halb neun kam, waren die schon zu Gange. Schmerzlich anzumerken ist aus meiner Sicht, daß ausgerechnet die ausdrücklich als antichristlich angekündigten Songs mal ein wenig angenehme Abwechslung vom monotonen Geschrammel boten. (Wenn ich mir die dazugehörigen Texte angucke, etwa "Fed to the Lions", sehen die dann doch nicht so eindeutig antichristlich aus, eher wie eine Möglichkeit, evangelisierend anzuknüpfen. :-)

Bei Sodom nervte zuerst der übersteuerte Baß, was man schon beim Soundcheck hören konnte, aber offenbar sollte das wohl so sein. Weiß nicht, ob ich mich dran gewöhnt habe oder später noch dran gedreht wurde, jedenfalls schien es mir später besser zu sein. Musikalisch spielten Sodom natürlich in einer gänzlich anderen Liga als ihre Vorband (aber dafür ist eine Vorband eben auch eine Vorband). Deutlich abwechslungsreicher, schade nur, daß man lange Zeit von der Gitarre nichts hörte... Immer wieder beeindruckt mich, was man alles aus einem Schlagzeug rausholen kann: Da schlägt ein thrashiger Beat sammt Double Bass durch und gleichzeitig werden noch alle möglichen Fills mit eingeflochten. Schwerstarbeit. Es wurde alles gespielt, was zu erwarten war, und bis zum abschließenden "Bombenhagel" (dem Stück, das die Band aus politischen Rücksichten in Polen nicht spielen wollte, zu dem sie aber von den polnischen Fans gezwungen wurden :-) dauerte es deutlich über anderthalb Stunden, die inklusive Stage Diving Contest (daraus der Posttitel) alles boten, was man als leicht zu amüsierender langhaariger Bombenleger von einem Freitag abend erwarten kann.

Die neueren Stücke waren, wenig überraschend, die abwechslungsreicheren, groovigeren und komplexeren. Hier waren durchaus mal Death Metal-Elemente angedeutet, die auch bei Slayer und Sepultura der Grund sind, warum ich mit deren Musik was anfangen kann. Vielleicht leiste ich mir ja doch mal eine Sodom-CD.

Am überraschendsten war aber, wieviele Bekannte mir über den Weg laufen. Ich bin ja grundsätzlich ein wenig einzelgängerisch veranlagt und habe in meinem direkten Umfeld inzwischen eigentlich gar keinen Metaller mehr. Dafür liefen mir nicht nur "mein" DHL-Paketbote (der mit den netten Paketen von Nuclear Blast und Perverted Taste oder wer gerade mal wieder mit DHL versendet -- jetzt weiß ich endlich, warum der mich immer und überall grüßt) und der freundliche Herr vom Copyshop, der meine Doktorarbeit gebunden hat, über den Weg. Auch der Sodomfreak vom Metalstammtisch von anno dazumal war, sofern noch in Erfurt ansässig, durchaus zu erwarten. Anders der alte Usenet-Bekannte, beide haben mich aber offenbar nicht gesehen (und ich brauchte die Säule neben mir, an der ich mich festhalten konnte: bei so vielen Leuten auf einem Haufen wird die Luft ja sowieso schlecht und trotzdem gibt es immer noch genug ver*piiiieps*te *Piiiiiep*er, die sich nicht ans Rauchverbot halten; aber was will man machen, wenn selbst der Barkeeper mit 'ner Fluppe rumrennt; zugegeben, Schlafmangel, Bier und Sherry fördern vermutlich auch nicht der Standfestigkeit), und vor allem der Herr, der ganz zum Schluß zufällig neben mit stand und dessen Gesicht mir so bekannt vorkam... Auf Nachfrage stellte sich raus, na klar, ein anderer Vater aus dem Kindergarten. Manchmal ist die Welt schon klein, aber wer denkt bei Sodom schon an Kindergarten?


So, jetzt aber ab ins Bett, dann hört die Welt vielleicht auch wieder auf, sich zu drehen. Und vielleicht schaffe ich es im Laufe des Tages mal, einen tiefergehenden, sachbezogenen Post abzusetzen. Es wäre mal wieder Zeit.

Donnerstag, 17. Februar 2011

Memoria Passionis

Mit den Nöten der Wiederverheiratet-Geschiedenen ist das so eine Sache. Gerade letztens klagte eine verlassene Noch-Ehefrau, daß ihr Noch-Ehemann mitsamt neuer Freundin kommentarlos die Kommunion gereicht bekommt. Natürlich, räumte sie ein, dürfe der Priester niemanden bloß stellen. Aber warum sagt er weder vorher noch hinterher was? Jetzt wartet sie auf die nächste Predigt über Mt 19,1-10.

The Clash of Civilizations

Da wußte aber einer ganz genau, wie er bei mir mehr Umsatz provozieren kann:
(Zur Ehrenrettung des Verkäufers: Er hat einen kurzen Moment lang gezögert :-)

Montag, 7. Februar 2011

Vom Tage

Der Vers, den uns die Laudes verschweigen (Ps 5,11):
Gott, laß sie dafür büßen;
sie sollen fallen durch ihre eigenen Ränke.

Verstoße sie wegen ihrer vielen Verbrechen;
denn sie empören sich gegen dich.

Samstag, 5. Februar 2011

Demokratisierung der Kirche muß man sich erstmal leisten können...

Angesichts der ganzen Forderungen nach synodaler(en) Struktur(en), Mitbestimmung der Laien bei Pfarrer- und Bischofsernennungen usw. frage ich mich: Wenn das wirklich käme (was ich mit Sicherheit ausschließe), wann sollte ich die nötigen Sitzungen, Abstimmungen und Meinungsbildungsprozesse unterbrigen? Mit Beruf und Familie bin ich schon ganz gut ausgelastet, daneben bin ich ja nicht nur in der Kirche ehrenamtlich aktiv. Manchmal fehlt mir schon die Zeit für die Blogoezese, und dafür brauche ich ja nur Internetanschluß, bin also zur Teilnahme nicht auf körperliche Anwesenheit zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort festgelegt.

Bei den Gemeindeabenden zur Zusammenlegung der hiesigen Innenstadtpfarreien zu einer einzigen wunderten sich jedesmal die Anwesenden über ihr Durchschnittsalter. Wo denn die ganzen jungen Leute seien? Die müßten doch das größte Interesse haben?

Nunja, warum war meine Frau wohl ohne mich dort? Und warum ich ohne sie beim "Ehrenamtlichenempfang"? -- Tja, insbesondere Abendtermine bergen für Familien doch die eine oder andere Schwierigkeit. Entweder kann nur einer von uns oder wir brauchen einen Babysitter. Nun sind aber unsere üblichen Babysitter allesamt katholisch, ob es die Paten unserer Kinder oder "Leihomas und -opas" sind. Ganz davon abgesehen, daß Mutterglück bekanntlich das ist, was eine Mutter empfindet, wenn alle Kinder schlafen (mir als Vater geht es da durchaus ähnlich :-), denn dann hat man endlich auch mal Zeit füreinander und für all die Dinge, die nur in Ruhe auszudiskutieren sind. Oder anders gesagt: Wir würden uns eine "Demokratisierung" in der Kirche zeitlich kaum leisten können.

Es ist Februar...

...und das (mindestens) dritte Jahr in Folge füllt die katholische Kirche das "Winterloch".

Dienstag, 1. Februar 2011

Disciple

Schon beim Titel von Alipius' Posting Disciples! hatte ich aufgrund meiner frei flottierenden assoziativen Denkweise sofort Slayer vor Augen. An sich wäre das ja keine Nachricht wert, aber der Inhalt des Postings kam stellenweise meiner Interpretation des Songs so nahe (er ging natürlich weit darüber hinaus), daß ich mich hier zu einer Vorveröffentlichung gezwungen sehe (wobei ich den Einbetten-Code des Videos schon aus einem Posting vom letzten April recyclen kann -- ihr seht, der Song beschäftigt mich mächtig :-).



Das Lyrische Ich dieses Lieds versteht sich ganz offensichtlich als sehr viel normaler als die Gesellschaft, aber gerade deswegen auch als Außenseiter, geradezu als Ausgestoßener ("Nur ich in meiner Welt voller Feinde"). Es sieht sich in einer nicht anders als apokalyptisch zu nennenden Konfrontation mit der Welt: Es haßt alle Menschen gleichermaßen und kritisiert die angebliche Christlichkeit der Gesellschaft als Heuchelei, ja als die größte Heuchelei aller Zeiten. Die Gläubigen seien bloß Dronen, die behütete, vorgeplante Leben führten und meinten, mit Gott an ihrer Seite stünden sie am richtigen Platz – dabei breite sich ganz offensichtlich überall und die ganze Zeit über nichts anderes aus als die Hölle. Dagegen beansprucht das Lyrische Ich individuelle Wahrheitserkenntnis. Es wolle aufhetzen und den Geist befreien, indem es allen offenbart, was ihm selbst offen vor Augen stehe: Gott hasse die Menschheit.

Die Offensichtlichkeit dieses Gedankens ergibt sich für das Lyrische Ich aus dem katastrophalen Zustand von Welt und Gesellschaft: Terrorismus, Chaos, Hysterie, Kampf aller gegen alle (Stück und Albumtitel haben durch diese Bezüge eine ungeplante, aber geradezu prophetische Gegenwartsbezogenheit: Das Album "God Hates Us All" erschien ausgerechnet am 11. September 2001), Drogenmißbrauch, Selbstmißbrauch, Suche nach dem jeweils nächsten Kick. Diese Beschreibung von Realität führt aber nicht zu Verzweiflung, sondern zu Aufbegehren: Das kann, das darf nicht so bleiben. Die Hoffnung auf eine neue, bessere Welt wird zwar nicht geäußert, der Untergang des Bestehenden aber als unumgänglich ("eine sich selbst zerstörende menschliche Zeitbombe") angesehen und erhofft ("Ich warte auf den Tag, an dem die ganze Welt, verdammt nochmal, stirbt").

Daher schwimmt das Lyrische Ich auch gegen den Strom, will nicht wie alle anderen ein Jünger Gottes sein. Es will nicht blind folgen, das Kreuz (er-)tragen und sein "Leben in einem Sprung blinden Glaubens vergeuden". Das alles ergibt angesichts der Realitätserfahrung keinen Sinn, bietet keine Hoffnung. Die Existenz Gottes kann nur die eines Sadisten sein. Denn die Gläubigen leben so, daß sie sich und anderen nur schaden. Der Glaube erscheint als ein falsches Weltverhältnis, von dem das Lyrische Ich durch seinen Aufschrei befreien will. Dabei stellt es sich kompromißlos gegen das unhinterfragt als gut geltende Bestehende. Es fragt, ob sich die Gläubigen überhaupt vorstellen können, daß es anders sein könnte, daß es keinen Gott gibt. Diese Frage müßte doch für das Denken relevant sein. Auffällig ist, daß durch die (Nicht-)Existenz Gottes nicht das Handeln, sondern das Denken infragegestellt wird: Das Handeln wird bereits als heuchlerisch, also dem Denken nicht entsprechend, abgelehnt – darüber kann gar nicht mehr diskutiert werden, es verurteilt sich selbst. Doch es wird durch das Denken gerechtfertigt, denn man sieht sich ja als gute Jünger Gottes. Diese Rechtfertigung ist nichts anderes als eine heuchlerische Selbstrechtfertigung. Daher müßte die Nicht-Existenz Gottes zu einem anderen Denken führen, das gerade die Heuchelei und die Bosheit des eigenen Handelns erkennen ließe.

Dem entspricht die scheinbar widersprüchliche Identifikation des Lyrischen Ichs mit der Einstellung des hassenden Gottes am Ende des Textes. Wie Gott haßt es alle Menschen, verurteilt die Menschheit und verachtet die Welt. Obwohl es nicht dessen Jünger sein will und sich ausdrücklich als von Ihm gehaßt bezeichnet, verhält es sich den Menschen gegenüber so, wie Er es seiner Meinung nach tut. Diese Widersprüchlichkeit läßt sich auch nicht mit einem Perspektivwechsel erklären, obwohl er musikalisch durchaus gerechtfertigt wäre. Selbst wenn in den letzten Zeilen Gott selbst die Menschheit ablehnen und die Welt verachten würde, entspräche dies exakt der Philosophie, die das vorherige Lyrische Ich als die seine verkündete, nämlich alle Menschen gleichermaßen zu hassen.

Bedenkt man aber, daß dieser Liedtext von einem Sänger vorgetragen wird, der sich als gläubiger Christ bezeichnet und im Interview betont, Gott könne gar nicht hassen, erscheint er für den Nicht-Apokalyptiker fast schon als sinnlose Aneinanderreihung möglichst provokanter Phrasen. Andererseits interpretiert der Texter Kerry King die Textzeile: "Die Schönheit des Todes verehren wir alle", nicht als Darstellung eines Wunsches oder etwas Erstrebenswertes, sondern als zynisch. Sie beziehe sich auf das (amerikanische) Fernsehen, das ständig betone, in was für einer tollen Gesellschaft man doch lebe, wie friedlich und harmonisch alles sei, auf der anderen Seite aber keinen Widerspruch darin sehe, ständig nur Morde, Amokläufe und andere Gewaltverbrechen in Bild und Ton zu zeigen. Die Selbstwidersprüchlichkeit des Liedtextes hat also (zynische) Methode. Hinter ihr steckt mehr als nur eine kindische Widersetzlichkeit oder spätpubertäre Provokationslust nicht erwachsen gewordener Subkulturanhänger. Die Provokation ist tatsächlich apokalyptisch motiviert. Sie hält der Gesellschaft bis in die künstlerische Gestaltung ihre Selbstwidersprüchlichkeit vor: Wenn ihr tatsächlich gläubige Christen seid, aber nur Tod und Verderben in die Welt bringt und darin keinen Widerspruch seht, muß Gott uns alle hassen, wenn Er uns das gerade durch den Glauben an Ihn antut, was wiederum dem verkündeten Inhalt des Glaubens, nämlich der Liebe Gottes, widerspricht. Eine auf einem solchen Selbstwiderspruch gründende Gesellschaft aber kann keinen Bestand haben.